Elbtrauma by Jörg von Bargen

Elbtrauma by Jörg von Bargen

Autor:Jörg von Bargen [Bargen, Jörg von]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783899691474
Herausgeber: Principal Verlag, Münster/Westf.
veröffentlicht: 2015-05-06T16:00:00+00:00


25

Den Kopf zur Seite gedreht, schlich Leuprecht an diesem Morgen am Pförtner vorbei. Er sah aus, als habe er versucht, in der Ritze auf St. Pauli einen der Boxer im Ring zu besiegen, die dort trainierten. Schwellungen im Gesicht und ein leichtes Hinken signalisierten, dass er allenfalls als zweiter Sieger hervorgegangen sein konnte. Der Mann aus dem Einkauf wäre unter anderen Umständen lieber zu Hause geblieben. Aber sie steckten mitten in der Budgetphase. Sein Chef hätte ihm jedes Haar einzeln ausgerupft, wäre er zu Hause geblieben. Dr. Kemper, der Organisationsleiter schaute ihn erstaunt an, als er ihm auf dem Korridor begegnete. Es reichte kaum zu einem Gruß. Wie kam ein kaufmännischer Angestellter, der in den Jahren nicht wirklich als aggressiver Zeitgenosse aufgefallen war, zu solchen Verletzungen? Vermutlich wäre er nach der Phase des Erstaunens wieder zur Tagesordnung übergegangen, hätte es in ihren Räumlichkeiten nicht den Mord gegeben. So kämpfte er einen kurzen Kampf mit sich, bevor er sich entschloss, Hilpert anzurufen und ihn zu informieren. Dieser wollte noch vor dem Mittagessen in der Konzernzentrale am Alsterufer vorbeischauen.

Bereits auf dem Weg in die Fahrbereitschaft erreichte Hilpert ein Anruf von Pristic. Er hatte sich umgehört. Nach seiner Auffassung war es unwahrscheinlich, dass sich seine Feinde Alexandra gegriffen hatten, um an ihn heranzukommen. Ihm waren keinerlei Information in diese Richtung zugetragen worden. Er riet ihm, trotzdem auf der Hut zu bleiben. Der Hass seiner Feinde war nicht abgeklungen. Nichts war vergessen worden, niemand hatte ihm vergeben. Die Menschen in der Gegend hatten ein langes Gedächtnis. Momentan verschnauften sie nur und leckten ihre Wunden. Irgendwann ständen sie vor ihm. Er war von Anbeginn an skeptisch, dass Alexandra das Opfer der Albaner sein sollte. Ihn wollten sie töten, niemanden sonst. Er lebte mit dieser Bedrohung, seit er zurück in Hamburg war. Deshalb erschrak er nicht vor seinem eigenen Schatten. Besser, er sprach nicht mit Weber darüber. Der würde ihm gleich einen ständigen Begleiter organisieren wollen. Hiermit musste er allein fertig werden, in der Hoffnung, am Ende das bessere Stück zu fassen zu bekommen. Bevor er sich bedanken konnte, war die Verbindung unterbrochen. Pristic war ein vorsichtiger Mann. Gedankenversunken setzte Hilpert seinen Weg fort. Alexandras Verschwinden hatte ganz offensichtlich nichts mit ihm zu tun. Wie ging er mit dieser Nachricht um? Beruhigte sie ihn oder vergrößerte sie seine Ängste?

Während der Fahrt ans Alsterufer konzentrierte er sich auf die Konzernmorde. Sie hatten es mit einem Täter zu tun, der konsequent zuschlug. Traf das wirklich auf jemanden zu, der seinen Lebensunterhalt als Manager in einem Industrieunternehmen verdingte? Was konnte solch einen Menschen bewegen, zum Mörder zu werden? Gier? Angst? Hatten sie mit Demel den falschen Mann wieder gehen lassen? Lagen sie mit der Annahme falsch, dass ein bislang unbescholtener Bürger Mord als denkbare Handlungsalternative sah? Demokratische Spielregeln waren für einen Ermittler Fluch und Segen zugleich. Aber lieber mit den Mängeln einer fehlbaren demokratischen Gemeinschaft leben, als zum Handlanger diktatorischer Machthaber zu werden.

Leuprecht blickte erstaunt auf, als Hilpert ihn aufsuchte. Ohne dazu aufgefordert worden zu sein, trat er an dessen Schreibtisch und setzte sich ihm gegenüber.



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