Einsam und kalt ist der Tod - Lappland-Krimi by Bastei Lübbe

Einsam und kalt ist der Tod - Lappland-Krimi by Bastei Lübbe

Autor:Bastei Lübbe [Lübbe, Bastei]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-09-24T04:00:00+00:00


An den folgenden Tagen schlief ich nur und ruhte mich aus. Ich holte mein Auto und das Gepäck aus dem Hotel, zog mit Papieren, Aufzeichnungen und Laptop in Großmutters Wohnzimmer ein. Am Samstag half ich Großvater beim Holzhacken. Siri Kvenviik kam vorbei und stellte ein paar Fragen darüber, wie Ovla und ich Vidar gefunden hatten.

Mit der Abendmaschine reiste sie am Freitag nach Tromsø zurück, würde aber am Dienstag der folgenden Woche wieder zurückkommen. Es hatte ein paar Komplikationen mit den Babysittern gegeben, und sie wollte nicht noch eine weitere Woche wegbleiben. Ich wusste nicht, ob ich noch da sein würde, wenn sie wiederkam. Wir verabredeten zu telefonieren, und sie verschwand mit dem Streifenwagen.

»Ist sie Polizistin, das junge Mädchen?«

Großvater hatte Schwierigkeiten zu akzeptieren, dass eine Frau einer so gewalttätigen und gefährlichen Arbeit nachging. Großmutter und ich versuchten ihm zu erklären, dass es nicht ganz dasselbe war, ob man als Polizist in Norwegen arbeitete oder in einer dieser dummen Serien, die er im Fernsehen sah.

»Aber schießen tun sie hier doch auch?«

Er ging in die Diele und kam einige Minuten später mit einer alten Zeitung zurück.

»Letztes Frühjahr haben sie sogar auf die Entenpolizei geschossen.«

Er blätterte weiter zu einem Artikel und zeigte ihn mir.

Es gibt einen einzigen Ort in ganz Norwegen, an dem es im Frühjahr erlaubt ist, Enten zu jagen. In Kautokeino. Das ist Tradition und überkommenes Brauchtum. Man hat dafür eine Ausnahme ins Jagdgesetz aufgenommen. Jedes Jahr vergibt man fünfzig Lizenzen. Damit darf man dann zwei Enten schießen. Das Problem ist nur, dass sich niemand darum schert, eine Lizenz zu beantragen. Oder bis zwei zu zählen.

Man jagt trotzdem, schießt so viele Enten, wie man kriegen kann. So hat man es schon immer getan.

Jedes Jahr im Mai, wenn die Entenjagd näher rückt, nehmen die lokalen Polizisten Urlaub. Die Behörden schicken dann eine Sondertruppe hinauf. Die Entenpolizei. Drei Polizisten für eine Gemeinde, die ungefähr so groß ist wie Belgien.

Großvater hatte einen Artikel herausgesucht, in dem beschrieben wurde, wie man auf die Polizei geschossen hatte. Zweiundvierzig Enten waren beschlagnahmt worden. Die Enten waren auf der Mülldeponie verbrannt worden.

»Er hat den Abstellraum voller alter Zeitungen.«

Großmutter sah von ihrer Handarbeit auf.

»Und den Schuppen auch noch. Bald kommt man dort gar nicht mehr rein. Er hebt allen möglichen Müll auf.«

Großvater wartete, bis ich den Artikel zu Ende gelesen hatte, nahm dann vorsichtig die Zeitung wieder an sich und faltete sie sorgfältig zusammen. Trug sie wieder hinaus.

»Seit wann hebt er die Zeitungen auf?«

»Schon immer.«

Sie zwirbelte das Sehnengarn zwischen den Fingern und fädelte es in die grobe Ledernadel ein, ohne die Brille zu benutzen.

Großvater kam mit Schnee im Haar und beschlagenen Brillengläsern zurück.

»Großvater, hast du vier Jahre alte Zeitungen, oder fünf Jahre alte?«

Doch, das war durchaus möglich. Aber sie lagen draußen im Schuppen.

Während Großmutter seufzte, zogen wir uns warm an und schippten uns einen Weg zum Schuppen.

Hinter der Tür stand ein uralter Schneescooter. Ein hellblauer Ockelbo.

»Das ist der alte Hirvi. Der Elch. So habe ich ihn genannt.«

Großvater tätschelte den Sitz der altertümlichen Maschine und setzte sich darauf, als ob er sie starten wollte.



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