Eine vornehme Frau by Hermann Heiberg

Eine vornehme Frau by Hermann Heiberg

Autor:Hermann Heiberg [Heiberg, Hermann]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Prussia (Germany) -- Fiction
Herausgeber: MOST Publishing
veröffentlicht: 2004-03-31T16:00:00+00:00


„Sprechen Sie, sprechen Sie, gnädige Frau—Ich bitte!“ rief Olga lebhaft nach Anges Worten.

Und nun setzte Ange dieser kaltherzigen, nur von ihren eigenen Interessen beherrschten Frau in ziemlich unzusammenhängender und unklarer Weise auseinander, daß sie durch den plötzlichen Tod ihres Gatten in peinlichste Verlegenheit geraten und vorübergehend einer größeren Summe Geldes benötigt sei.

„Arme Gräfin! Auch das noch! Die kleinlichen Nebensorgen bei so großem Schmerz und Kummer!“ rief Olga mit vortrefflich gespieltem Ausdruck der Teilnahme in den Mienen, in Wirklichkeit erfaßt von einer mit Schadenfreude vermochten äußerten Befremdung. „Ja wie ist da zu helfen? Offenheit gegen Offenheit, liebe Frau Gräfin! Wir haben allerdings ein aus unserem Gutsverkauf hervorgegangenes, recht ansehnliches Vermögen, aber alles, das weiß ich, ist unkündbar festgelegt für eine lange Reihe von Jahren, und die Summe, deren Sie bedürfen—Sie nannten fünftausend Mark, wenn ich recht verstand? Nicht wahr, Frau Gräfin? Ja, ja, ganz richtig!—ist etwa der fünfte Teil unserer ganzen Zinseneinnahme im Jahre.“ Diese Redewendung—ein feiner Dolchstoß—war absichtlich. „Zudem habe ich persönlich gar keine Verfügung; meinen Mann müßte ich schon ins Vertrauen ziehen.“

Ange hatte in ihrer Unerfahrenheit nur von ihren Verlegenheiten und von deren Abhilfe gesprochen. Über die Rückzahlung ließ sie nichts fallen, diese war ja in ihren Augen selbstverständlich, aber so unterblieb dasjenige, was für Olga natürlich die Hauptsache war. Die letztere war sogar überzeugt, daß Ange diesen Punkt nur in ihrer Erregung und in ihrer Naivetät nicht berührt hatte, aber sie hütete sich, selbst eine Brücke zu schlagen, die ihr eine Ablehnung erschwerte. Obgleich sie deshalb entschlossen war, nicht einmal mit ihrem Manne die Möglichkeit einer Hilfe in Überlegung zu ziehen, fügte sie doch hinzu:

„Wenn Sie gestatten, werde ich also mit Ink sprechen und alles thun, was in meinen Kräften steht—natürlich—selbstverständlich, liebe Frau Gräfin! Aus diesem Grunde aber will ich mich auch gleich wieder empfehlen. Ich möchte bald etwas Gutes melden, da ich den unerträglichen Zustand begreife, in welchem Sie sich befinden. Würde es möglicherweise in einigen Tagen früh genug sein?“ fuhr sie heuchlerisch fort. „Ja? Nun gut. Ich denke sicher, es wird sich machen! Mein Mann ist ja so teilnehmend und gut, daß ich ihn zu überreden hoffe, wenn es irgend möglich ist.“

Ange, die schon alles gewonnen glaubte, dankte mit gerührten Worten. Besonders beglückt aber war sie, als ihr Olga beim Abschied die Hand drückte und die Worte zuflüsterte: „In jedem Fall, wie sich auch die Dinge gestalten“ (hier deckte sich Olga nicht nur den Rückzug, sondern vergoldete diesen auch noch durch eine Äußerung, deren Wirkung auf Ange sie richtig berechnete) „seien Sie versichert, daß niemand von dieser Angelegenheit etwas erfahren wird, daß sie bei mir unter einem stummen Munde ruhen bleibt.“

Nach diesen Worten und nach einer abermaligen zärtlichen Umarmung ging sie.

An demselben Abend hatte Ange bereits eine von vielen schönen Worten umrankte Ablehnung, und um dieselbe Stunde fand eine Unterredung zwischen ihr und Tibet statt. Sie verhehlte ihm weder den Inhalt von Olgas Brief, noch die jetzt in ihr emporsteigende Befürchtung, daß jene nicht verschwiegen sein werde. Sie bewegte sich in leisen Hoffnungen, daß ihr Tibet



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