Ein Sommer in Corona del Mar by Thorpe Rufi

Ein Sommer in Corona del Mar by Thorpe Rufi

Autor:Thorpe, Rufi [Thorpe, Rufi]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: d-btb TB
veröffentlicht: 2017-01-18T15:21:40+00:00


KAPITEL ELF

Die Intervention

»Es lag wahrscheinlich nur daran, weil McDonough meine Mom so mochte, dass sie keine Anklage erhoben haben«, sagte Lor. Die ganze bis eben zur Schau gestellte Leichtfertigkeit war wie weggeblasen. Lors Augen waren glasig und abwesend.

»Weswegen?«, wollte ich schockiert wissen.

»Wegen Vernachlässigung. Verwahrlosung.«

»Das ist verrückt. Was hättest du schon tun können? Und was ist dann passiert?«

»Nichts ist passiert«, sagte Lor. »Er ist in einem Pflegeheim.«

Ich saß am Tisch mit ihr, starrte sie einfach nur an. Sie stützte sich mit den Unterarmen auf der Tischplatte ab, die Schultern bis zu den Ohren hochgezogen, während sie eine ihrer Nagelhäute bearbeitete. Sie hatte geknabbert, bis es blutete, und jetzt versuchte sie, den Schaden abzuwägen. Sie blinzelte mehrmals, als wären ihre Augäpfel ausgetrocknet. Mich beschlich das Gefühl, sie sei kaum anwesend.

»Hast du das Urteil angefochten?«

Lor schüttelte den Kopf, blickte weiterhin unverwandt auf ihre blutende Nagelhaut.

»Nun, das ist das Erste, was wir tun können«, sagte ich. »Hör mal, ich wollte sowieso zurück in die Staaten. Ich könnte vorbeischauen, ein bisschen in Kalifornien bleiben und dir bei der Sache helfen.« Natürlich hatte ich mir diese Reise in die USA in der Sekunde ausgedacht, als ich die Worte aussprach. Irgendwie schien es mir vernünftig, wegen der Abtreibung zurück in die Staaten zu fahren. Es wäre nett, Lorrie Ann als Ausrede zu haben. Nur für den Fall, dass ich mich entschied, Franklin nichts zu erzählen. Nur für den Fall, dass ich es aus irgendeinem Grund für mich behalten musste.

»Ich will es nicht anfechten«, sagte Lorrie Ann sehr leise.

»Was meinst du?«

»Ich kann nicht. Ich kann nicht mehr. Ich kann so nicht mehr leben.«

»Natürlich. Wir besorgen dir richtige Hilfe. Vielleicht eine ambulante Krankenpflegerin oder so etwas in der Art.«

»Mia«, sagte Lorrie Ann.

»Wir schaffen das«, beharrte ich.

»Nein.«

Sie sah mich an, mit Augen so leer und blau, dass ich fast meine Teetasse fallen ließ. Jäh überkam mich Scham. Ich war wie ein Kind, das mit einer Puppe spielte und versuchte, Lorrie Ann beim Tee, der ihr kaputtes Leben darstellte, den Rücken zu stärken, nur damit ich dem Schmerz entgehen konnte und mir nicht eingestehen musste, dass es kaputt war – und dass Lorrie Ann nichts weiter war als eine schlaffe Puppe, ein Leichnam an der Wand.

Wie sich herausstellte, war Lorrie Ann nach Hause gekommen und hatte einen Zettel von Dana vorgefunden, auf dem stand, dass sie in die Notaufnahme des Hoag gefahren waren. Die Nachricht erklärte nicht genau, warum sie zur Notaufnahme gefahren waren, aber Lor wusste, dass Dana wegen ihrer Kopfverletzung der Führerschein entzogen worden war und dass, wenn sie zur Notaufnahme gefahren waren, sie in einem Krankenwagen gefahren sein mussten. (Bobby hatte Danas alten Accord in Beschlag genommen.) Aus diesem Grund und dem Wissen, dass Dana Zach nicht heben konnte, vermutete Lor etwas viel Schlimmeres als eine ausgerenkte Hüfte.

Als Lor sie schließlich im Hoag ausfindig machte, tranken Dunny und Dana Kakao aus Pappbechern, die offensichtlich aus einer Maschine stammten. Nachdem sie ihr von Zachs Bein erzählt hatten, das aus seiner Hüftpfanne gesprungen war, stieß Lorrie Ann ein nervöses und erleichtertes Trillern von einem Lachen aus, bei dem Dunny zusammenzuckte.



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