Ein Kind Gottes by Cormac McCarthy

Ein Kind Gottes by Cormac McCarthy

Autor:Cormac McCarthy [McCarthy, Cormac]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783644512313
veröffentlicht: 2015-01-27T23:00:00+00:00


In der Nacht erwachte er mit einer bösen Vorahnung. Er richtete sich auf. Das Feuer war heruntergebrannt bis auf eine einzelne Flammenzunge, die fast reglos auf der Asche stand. Er zündete die Lampe an und drehte den Docht hoch. Ein wallender Rauchmantel hing im Zimmer. Zwischen den Bohlen der Decke quollen dicke weiße Rauchbänder herab, und von oben hörte er ein leises, knackendes Geräusch wie von etwas Fressendem. Ach du Scheiße, sagte er.

Er stand auf, die Decke um die mageren, spitzen Schultern gelegt. Durch die Ritzen in den Brettern über ihm konnte er eine heiße orangefarbene Lohe sehen. Er zog seine Jacke und seine Schuhe an. Mit dem Gewehr in der Hand ging er in den Schnee hinaus. Dort stand er im niedergetrampelten Unkraut und blickte zum Dach hinauf. Entlang dem Kamin schoss ein wirres Flammenbündel empor und senkte sich wieder. Auf dem Dachboden ein tollwütiges Knacken. Vom nassen Dach stiegen Dampfwolken auf, und im wehenden Schnee trieben heiße Lichtnadeln windabwärts.

Ja, leck mich doch am Arsch, sagte Ballard. Er lehnte das Gewehr gegen einen Baum, eilte zurück ins Haus, raffte sein Bettzeug an sich, schleppte es hinaus in den Schnee und stürzte wieder ins Haus. Er suchte das Kochgeschirr und seine wenigen Vorräte zusammen und brachte sie nach draußen, holte die Axt, die paar Werkzeuge, die er besaß, und was er sonst noch an Gerätschaften in dem leeren Raum verstaut hatte, warf alles in den Vorhof, hastete wieder hinein, holte die Leiter, stellte sie in die Luke und blickte nach oben. Auf dem Dachboden pulsierten riesige, orangefarbene Flammenschwären. Er stieg die Leiter hinauf und steckte den Kopf durch die Luke. Sofort spürte er, wie es ihm knisternd das Haar versengte. Er zog den Kopf ein und klopfte mit der flachen Hand darauf. Schon waren seine Augen rot vom Rauch und tränten. Ein paar Minuten lang hockte er oben auf der Leiter, schaute mit zusammengekniffenen Augen zum Feuer hinauf und kletterte dann wieder hinunter.

Als er hinausging, hatte er die Bären und den Tiger in den Armen. Inzwischen stand das Dach in Flammen. Über dem stetigen Tosen des Feuers konnte man die alten, rissigen Eichenschindeln auf der anderen Seite des Hauses mit einer Art ploppendem Geräusch Reihe für Reihe zerplatzen hören. Die Hitze war herrlich.

Mit offenem Mund stand Ballard da. Die Flammen liefen wie brennende Eichhörnchen die Wandlatten hinunter und wieder hinauf. Durch die Flammen auf dem Dach konnte man das gedübelte Balkenwerk als hintereinanderliegende, brennende A-Formen sehen. Binnen Minuten bildete die Hütte eine undurchdringliche Feuerwand. Die wenigen Glasscheiben sprangen und fielen als Geriesel winziger Scherben aus den Rahmen, und das Dach sank mit einem langgezogenen Rauschen ins Haus. Ballard musste zurücktreten, so groß war die Hitze. Der Schnee ums Haus herum schmolz und ließ einen Ring nasser Erde zurück. Nach einer Weile begann der Boden zu dampfen.

Lange vor dem Morgen war das Haus, das Ballard Schutz vor den Elementen geboten hatte, nur noch ein geschwärzter Kamin mit einem Haufen schwelender Bretter zu seinen Füßen. Ballard überquerte den durchweichten Boden, kletterte auf den Herd und saß dort wie eine Eule.



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