Drachen, Gold und Gaunerehre - Miss Jemmys Abenteuer in London (German Edition) by Haberland Susanne

Drachen, Gold und Gaunerehre - Miss Jemmys Abenteuer in London (German Edition) by Haberland Susanne

Autor:Haberland, Susanne [Haberland, Susanne]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Aeternica Verlag
veröffentlicht: 2013-02-24T23:00:00+00:00


Blanche und der falsche Heilige

·~·

Seit Miggs aus Mister Wangs unterirdischen Übungsräumen zurückgekehrt war, wechselten er und ich uns mit dem täglichen Einholen ab. Rackety hatte es so bestimmt, denn er sagte, das Wichtige an dieser Aufgabe wäre nicht das Besorgen von Grünzeug, sondern das Beschaffen von Informationen, und dabei könnten vier Ohren mehr nützen als zwei. Für mich war es eine angenehme Abwechslung von der Hausarbeit, die leider immer noch Frauensache war, jedenfalls wenn es nach den Jungs ging. Deswegen vertrödelte ich mich oft und trank noch eine Ziegenmilch im »Stern und Drachen«, einem kleinen Gasthaus, in dem die Wanderartisten abstiegen, denn wenn ich schon Informationen beschaffen sollte, dann konnte ich das wenigstens in interessanter Gesellschaft tun.

Es war früher Herbst, als ich in der Gaststube Gregorio entdeckte. Man konnte ihn kaum übersehen, denn er war groß und für sein Alter noch überaus rüstig und breitschultrig. Sein flammend rotes Haar und sein ebenso roter, zottiger Bart loderten wie ein Kaminfeuer, seine Kleidung war so bunt wie Herbstlaub und seine Stimme dröhnte wie eine Regimentskapelle. Noch auffälliger allerdings war seine Begleitung, denn er führte an einer schweren Eisenkette seinen Tanztroll mit sich.

Gerade war er mit dem Wirt in einen heftigen Streit geraten, weil der um seine Tische und Bänke fürchtete. Damit hatte er nicht ganz Unrecht, denn ein ausgewachsener Troll wie dieser war durchaus in der Lage, mit ein paar Hieben seiner mächtigen, steinernen Fäuste das Mobiliar zu zerlegen.

»Aber er ist handzahm!«, beteuerte Gregorio gerade. »Ich habe ihn, seit er ein kleiner Kieseling war, und er gehorcht aufs Wort.«

»Es ist zu gefährlich«, beharrte der Wirt.

»Aber nein, er ist vollkommen harmlos. Mädchen«, – er hatte mich erspäht und winkte mich heran –, »komm doch einmal her. Wie heißt du?«

»Philomena«, erwiderte ich, denn so wollte ich immer schon einmal heißen.

Gregorio zuckte mit keiner Wimper. »Philomena, würdest du diesem Troll die Hand geben?«

»Und wenn er mir dabei die Finger zerquetscht?«, zierte ich mich.

»Das wird er nicht. Er ist ganz zutraulich.«

Ich legte meine Hand in die gewaltigen Pranken des Trolls, der mich natürlich längst wiedererkannt hatte und vor Freude anfing zu sabbern.

»Siehst du?«, wandte sich Gregorio an den Wirt. »Er ist so brav, dass ihn ein Mädchen führen könnte. Und jetzt bring mir ein Bier und der tapferen … Philomena einen Becher Ziegenmilch.«

Der Wirt zog skeptisch die Augenbrauen hoch, aber er hatte nichts weiter einzuwenden und ging zum Tresen, um die Bestellung auszuführen.

»Jemmy, mein Herzblatt«, strahlte Gregorio und drückte mich an seine breite Brust. »Wie schön, dass du gerade in der Nähe warst. Wie geht es den anderen? Was macht Cockles? Vielleicht hat er ja doch noch einmal Lust, in meine Fußstapfen zu treten.«

»Ich glaube nicht, dass das Wanderleben etwas für ihn wäre«, erwiderte ich und steckte dem Troll eine Handvoll Bruchschiefer zu, den er sich heißhungrig ins Maul schob.

»Du verwöhnst ihn«, grollte Gregorio. »Du weißt genau, dass sie nur gehorchen, solange man sie nicht überfüttert.«

»Eines Tages wird er noch dein versteinertes Herz fressen«, orakelte ich. »Aber warum bist du nicht im Norden, auf dem großen Herbstmarkt?«

Gregorios Miene verfinsterte sich.



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