Dorian Hunter 17 - Die Hexe von Andorra (German Edition) by Ernst Vlcek

Dorian Hunter 17 - Die Hexe von Andorra (German Edition) by Ernst Vlcek

Autor:Ernst Vlcek [Vlcek, Ernst]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-07-25T04:00:00+00:00


Der nächste Tag brachte eine Überraschung, mit der ich nicht gerechnet hatte. Nach dem Mittagessen, das ich zusammen mit Franca im Nebenraum eingenommen hatte, betrat Claudia das Zimmer. Ihre dunklen Augen flackerten ängstlich, ihr Gesicht war bleich, und ihre Hände zitterten.

»Was ist mit dir, Claudia?«, fragte ich grinsend. »Du siehst aus, als hättest du den Leibhaftigen gesehen.«

Sie räusperte sich und kam langsam näher. Dann beugte sie sich zu mir herunter und flüsterte: »Ein Abgesandter Agostino Morettis will dich sprechen.

Ich runzelte die Stirn. Damit hatte ich wirklich nicht gerechnet. »Schick ihn herein, Mädchen!«

»Empfange ihn nicht, Michele!«, flehte sie.

»Ich will mit ihm sprechen.«

Sie warf mir einen bittenden Blick zu, eilte aus dem Zimmer und kam einige Sekunden später mit einem unwahrscheinlich hageren Mann zurück, der wie ein zum Leben erwachtes Gerippe aussah. So einen ausgemergelten Kopf hatte ich noch nie gesehen. Er schien nur aus Haut und Knochen zu bestehen. Die trüben Augen lagen tief in den Höhlen, der Mund war farblos und die Nase flach gedrückt. Seine Haut war fast durchscheinend. Er war ganz in Schwarz gekleidet.

Der Mann verbeugte sich tief und legte seine rechte Hand aufs Herz.

»Gestattet, dass ich mich vorstelle«, sagte er. Seine Stimme klang wie das Quietschen einer schlecht geölten Tür. »Ugo Malpasso. Ich komme im Auftrag meines Herrn, des hochwohlgeborenen Agostino Moretti.«

»Michele da Mosta«, sagte ich und zeigte auf einen Stuhl.

Er setzte sich geziert nieder und legte die Hände auf die spitzen Knie.

»Was kann ich für Euch tun?«

»Mein Herr hat von Euren Aufsehen erregenden Heilerfolgen gehört. Er bittet Euch, ihm etwas von Eurer Heilsalbe zu verkaufen.«

»Ist Euer Herr erkrankt?«

»Ja«, antwortete Malpasso.

»Ich komme zu ihm«, sagte ich.

»Das ist nicht möglich«, sagte Malpasso abweisend.

»Bedauere, ich verkaufe die Heilsalbe nicht. Ich muss den Kranken persönlich untersuchen. Nur so kann ich den Grad der Erkrankung feststellen und die richtige Salbe anwenden.«

»Unmöglich!«, stieß Malpasso heftig hervor. Er zog einen Lederbeutel aus der Tasche und öffnete ihn. Der Beutel war mit Goldstücken gefüllt.

»Gebt mir bitte einen Tiegel mit Eurer Heilsalbe!«

»Nein«, sagte ich und stand auf »Nur wenn ich Euren Herrn persönlich sehen darf.«

»Ich fürchte, dass Ihr Eure Ablehnung noch bereuen werdet.«

Er verließ mit kleinen Schritten das Zimmer.

»Er wird wiederkommen«, sagte ich fröhlich.

»Oder er wird jemanden schicken, der die Salbe rauben soll«, meinte Franca nachdenklich.

»Das ist auch eine Möglichkeit« stimmte ich zu.

Claudia war noch immer ganz aufgeregt, doch ich beruhigte sie.

Ich verstaute meine Arzneien in einer großen Tasche und besuchte einige Kranke. Die Seuche war im Abklingen. Nur noch wenige neue Fälle wurden gemeldet. In zwei Wochen würde alles vorbei sein.

Ugo Malpasso kam nicht noch mal. Ich ließ meine Arzneien trotzdem nicht aus den Augen. Die große Tasche befand sich immer in meiner Reichweite. Als ich schlafen ging, stellte ich sie in einen Schrank, den ich absperrte.

Wie üblich kam Claudia zu mir. An ihrem prallen Busen schlief es sich gut.

Ich wachte auf, als ich ein leises Geräusch hörte. Im Gang hatte ein Bodenbrett geknarrt. Ich hob den Kopf. Im Zimmer war es dunkel, doch der hoch stehende Mond spendete genügend Licht, um die Umrisse der Möbel zu erkennen.



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