Die Schwarze von Panama by Simenon Georges

Die Schwarze von Panama by Simenon Georges

Autor:Simenon, Georges [Georges, Simenon]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-03-06T16:00:00+00:00


An den berühmten Ingenieur Dupuche

Überläufer und Direktor auf Zeit

der S. A.M. E.

Zu Händen des französischen Gesandten

in Panama.

Noch närrischer war die Unterschrift:

Lamy-mi-fa-sol-la-si-do

»Hast du Véronique gesehen?«

Er hob den Kopf. Er war mit seinen Gedanken weit weg, nur allmählich kam ihm zu Bewußtsein, daß er sich an der Rückwand der Würstchenbude befand. Vor ihm stand ein junger Schwarzer mit verlegenem Lächeln.

»Sie ist eben mit ein paar Touristen, einem Mann und zwei Frauen, ins Hotel gegangen … Sie hat einen dreckigen Negerjungen, den kleinen Tef, dabei …«

Der ihm das sagte, war auch ein Neger von fünfzehn Jahren, aber das wollte nichts heißen, denn für einen Schwarzen ist ein anderer Schwarzer allemal ein dreckiger Neger.

»Was redest du da für Unsinn? Scher dich weg!«

Der Junge machte sich aus dem Staub. Dupuche setzte sich wieder auf seinen Klappstuhl, er wollte es nicht glauben, aber er hatte ein ungutes, unbehagliches Gefühl. Es war schon Mitternacht. Er sah den Wagen Eugène Montis vorbeifahren und erhaschte einen Blick auf seine Frau im Abendkleid.

Eine halbe Stunde verging, eine Dreiviertelstunde. Die Straßen wurden immer menschenleerer, es fuhren kaum noch Autos vorüber, das Orchester im ›Kelley’s‹ war deutlich zu hören. Eine Animierdame kam ein Würstchen essen.

»Man erstickt da drin«, sagte sie. »Das Lokal ist voller Schweden …«

Dann zeichnete sich plötzlich die schmale Gestalt Véroniques an der Straßenecke ab, kam mit festen Schritten näher.

»Wo kommst du her?«

»Was hast du denn, Puche?«

»Ich frage dich, wo du herkommst.«

Er zog sie von der Bude weg in eine dunkle, verlassene Straße, um ihr nicht vor seinen Leuten eine Szene zu machen.

»Du tust mir weh …«

Er hatte sie wirklich sehr hart am Arm gepackt.

»Was hast du getrieben?«

»Laß mich los! … So hör doch …«

In ihren großen Augen war kein Schuldbewußtsein zu lesen, nur der kindliche Wunsch, daß er ihr wieder gut sei.

»Hör doch … Puche … Jim hat …«

»Welcher Jim?«

»Der Chauffeur … Er wohnt neben uns, beim Wassermelonenhändler …«

»Na und?«

»Er hat neben mir angehalten … In seinem Wagen saßen ein Herr und zwei hübsche Damen …«

»Dann ist es also wahr?«

»Nicht doch, Puche … Ich hab nichts Schlimmes getan … Er hat mir zehn Dollar geboten, wenn …«

Er hielt ihre Handgelenke umklammert, sie hatte Angst, daß er ihr wehtun würde.

»Wenn was?«

»Wenn ich mit einem kleinen Kumpel komme … Ich sollte sie im Glauben lassen, er sei mein Bruder …«

»Was?«

»Ich wollte ja nicht … Da hat mir der Herr durch die Wagentür zwanzig Dollar gereicht.«

»Hast du sie angenommen?«

Aus ihrem winzigen verknautschten Täschchen zog sie zwei Zehndollarnoten.

»Er hat mich nicht angerührt … Sie sind alle drei nur dagestanden, er und die beiden Damen, um zuzusehen … Eine der Damen war sehr hübsch … Sie wäre beinahe in Ohnmacht gefallen … Wir haben sie in einen Sessel setzen müssen …«

»Und du?«

»Bist du eifersüchtig, Puche?«

»Und du, was hast du gemacht?«

»Da ist doch nichts dabei, es war ja nur ein kleiner Neger! Jim, der Chauffeur, hat ihn geholt … Ich kenne ihn nicht einmal …«

Immer noch hielt sie, wie eine Opfergabe, die beiden Banknoten in der Hand. Er entriß sie ihr, knüllte sie zusammen und warf sie in die Gosse.



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