Die Nacht von Lissabon by Erich Maria Remarque

Die Nacht von Lissabon by Erich Maria Remarque

Autor:Erich Maria Remarque [Remarque, Erich Maria]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Deutscher Bücherbund
veröffentlicht: 2011-05-07T02:31:46+00:00


›Leider noch nicht! Aber wartet nur - dies wird bald Deutschland werden!‹

›Es wird nie Deutschland werden‹, sagte Helen. ›Es mag sein, daß ihr Kommißkaffern es vorübergehend erobert, aber es wird Frankreich bleiben. Bist du gekommen, um darüber zu diskutieren?‹

›Ich bin gekommen, um dich nach Hause zu holen. Weißt du nicht, was dir passieren wird, wenn du hier vom Krieg überrascht wirst?‹

›Nicht sehr viel.‹

›Man wird dich in ein Gefängnis stecken.‹

Ich sah, daß Helen einen Augenblick überrascht war.

›Man wird uns vielleicht in ein Lager stecken‹, sagte ich. ›Aber es wird ein Internierungslager sein - kein Konzentrationslager wie in Deutschland.‹

›Was wissen Sie schon davon!‹ schnauzte Georg.

›Genug‹, erwiderte ich. ›Ich war in einem der Ihren - durch Ihre Vermittlung.‹

›Sie Wurm waren in einem Erziehungslager‹, erklärte Georg verächtlich. ›Aber es hat nichts genützt. Sie sind desertiert, nachdem Sie freigelassen wurden.‹

›Ich beneide Sie um Ihre Ausdrücke‹, sagte ich. ›Wenn jemand Ihnen entwischt, so ist das Desertation.‹

›Was sonst? Sie hatten Befehl, Deutschland nicht zu verlassen!‹

Ich winkte ab. Ich hatte genug Gespräche ähnlicher Art mit Georg gehabt, bevor er die Macht hatte, mich dafür einsperren zu lassen.

›Georg war immer ein Idiot‹, sagte Helen. ›Ein muskulöser Schwächling. Er braucht eine gepanzerte Weltanschauung wie eine dicke Frau ein Korsett, weil er sonst zerfließen würde. Streite nicht mit ihm. Er tobt, weil er schwach ist.‹

›Laß das!‹ erwiderte Georg friedlicher, als ich erwartet hatte. ›Pack deine Sachen, Helen. Die Lage ist ernst. Wir fahren heute abend zurück.‹

›Wie ernst ist die Lage?‹

›Es gibt Krieg. Ich wäre sonst nicht hier.‹

›Du wärest sonst auch hier‹, sagte Helen. ›Genauso wie du vor zwei Jahren in der Schweiz warst, als ich nicht zurückkommen wollte. Es paßt dir nicht, daß die Schwester eines so treuen Parteimitgliedes nicht in Deutschland leben will. Damals hast du erreicht, daß ich zurückkehrte. Jetzt bleibe ich hier, und ich will nicht mehr darüber reden.‹

Georg starrte sie an. ›Wegen dieses erbärmlichen Schurken da? Hat er dich wieder bequatscht?‹

Helen lachte. ›Schurke - wie lange habe ich das nicht gehört. Ihr habt wirklich ein vorsintflutliches Vokabular! Nein, dieser Schurke da, mein Mann, hat mich nicht bequatscht. Er hat sogar alles getan, um mich zurückzuschicken. Mit besseren Gründen als du.‹

›Ich will mit dir allein reden‹, sagte Georg.

›Es wird dir nichts nützen.‹

›Wir sind Geschwister.‹

›Ich bin verheiratet.‹

›Das sind keine Blutsbande‹, erklärte Georg. ›Du hast mir nicht einmal einen Stuhl angeboten‹, fügte er, plötzlich kindisch beleidigt, hinzu. ›Man kommt von Osnabrück all den Weg und wird stehend abgefertigt.‹ Helen lachte. ›Dies ist nicht mein Zimmer. Mein Mann bezahlt die Miete.‹

›Setzen Sie sich, Obersturmbannführer und Hitlerknecht‹ sagte ich. ›Und gehen Sie bald wieder.‹

Georg sah mich ärgerlich an und setzte sich krachend auf das altersschwache Sofa. ›Ich möchte mit meiner Schwester allein reden, können Sie das nicht verstehen?‹ fragte er.

›Haben Sie mich mit ihr allein reden lassen, als Sie mich verhaften ließen?‹ fragte ich zurück.

›Das war etwas ganz anderes‹, schnaubte Georg.

›Bei Georg und seinen Parteigenossen ist es immer etwas anderes, wenn sie dasselbe tun wie andere Menschen‹, sagte Helen sarkastisch. ›Wenn sie Leute, die anderer Meinung sind als sie, einsperren oder totschlagen,



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