Die Lilien-Reihe. E-Box by Sandra Regnier

Die Lilien-Reihe. E-Box by Sandra Regnier

Autor:Sandra Regnier [Regnier, Sandra]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2016-04-23T16:00:00+00:00


***

Montagmorgen stand ich früher auf als sonst und zwang mich unter die Dusche. Normalerweise tat ich das immer abends vorm Zubettgehen, doch diesmal wollte ich vor der Schule duschen. Ich redete mir ein, dass ich einfach mal etwas Neues ausprobieren wollte und es absolut nichts mit Liam zu tun hatte, den ich heute wiedersehen würde.

Eigentlich lief mir meine Mom in der Frühe selten vor die Füße. Sie arbeitete als Köchin und musste grundsätzlich zu den Zeiten, an denen ich zu Hause war, arbeiten.

»Morgen Mäuschen, du bist schon wach?!« Ihr Mund blieb von der Frage offen, dazu ein hübsch-entsetzter Gesichtsausdruck. Nett!

»Ähm … ja? Wollte duschen.«

»Morgens?!« Meine Mutter schien aus allen Wolken zu fallen.

»Ist das so ungewöhnlich?«, pampte ich sie an, in der Hoffnung, sie würde das Gespräch fallen lassen. Auch wenn ich mich ausnahmsweise früh aus dem Bett geschält hatte, hieß das noch lange nicht, dass meine Morgenmuffeligkeit liegen geblieben war.

Mein Plan funktionierte.

»Eigentlich schon«, antwortete Mom immer noch etwas verwundert, ging dann aber zurück ins Schlafzimmer, um sich anzuziehen.

»Ist bestimmt wegen dem neuen Jungen«, hörte ich Dad sagen.

»Welcher neue Junge?«

Das hatte definitiv das Interesse meiner Mutter geweckt. Sie hoffte ja schon lange – ungefähr seit ich aus den Windeln raus war -, dass ich mir endlich einen Freund suchen würde, doch mangels vernünftiger Auswahl hatte ich bis dato immer dankend darauf verzichtet.

»Liam – ein überaus höflicher, gut aussehender junger Mann, der neu in unsere Nachbarschaft gezogen ist.«

Ich konnte es zwar nicht sehen, doch ich konnte mir bildlich vorstellen, wie meine Mom jetzt strahlte.

»Wurde ja auch langsam Zeit, dass sie sich für Jungs interessiert. Als ich sechszehn war …«

»Daran erinnerst du dich noch? Ist ja 'ne Ewigkeit her!«, neckte mein Vater sie.

Ja! Gut so, Dad! Verpass ihr einen Dämpfer, dann bleibt uns der Rest erspart!

»Na ja, jedenfalls dachte ich schon, unsere Tochter sei eine asexuelle Amöbe und würde noch zwischen deinem ollen Gemüse verschimmeln.«

Ich biss die Zähne zusammen. Konnte meine Mutter nicht ein einziges Mal zwischen den Dingen unterscheiden, die gesagt werden durften und denen, die man höflichkeitshalber lieber nur denken sollte? Bekam so etwas nicht schon jedes kleine Kind beigebracht?

»Jetzt lass sie doch … Sei froh, dass es erst jetzt anfängt und sie uns nicht schon früher einen Idioten nach dem anderen mit nach Hause geschleppt hat …«

»An denen hätte sie aber wenigstens üben können…«

In Bezug auf Sexualität war meine Mutter schrecklich. Wenn aus irgendeinem Grund das Thema aufgegriffen wurde – und damit meine ich ganz sicher nicht freiwillig von mir – übertrat sie sämtliche Grenzen, die es gab. Mir wurde nichts sachlich geschildert – ohhh nein! Ich wurde mit vulgären Aussagen regelrecht bombardiert, die mich noch Wochen später allein nur bei dem Gedanken daran erröten ließen.

Bevor die beiden das Thema noch weiter vertiefen konnten und mich womöglich noch mit einbezogen, schlüpfte ich schnell unter die Dusche und ließ mir heißes Wasser über den Körper rieseln. Das tat gut … Ich seufzte laut.

Dann klopfte es an der Tür.

»Schatz? Kann ich reinkommen? Oder tust du gerade etwas Unanständiges?« Ich hörte sie kichern.

Keuchend schnappte ich nach Luft.



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