Die Liebenden von der Île de Ré by Jaric Gabriele

Die Liebenden von der Île de Ré by Jaric Gabriele

Autor:Jaric, Gabriele [Jaric, Gabriele]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Aufbau Digital
veröffentlicht: 2015-08-20T16:00:00+00:00


Neun

Als wir das Fernsehzimmer verließen, begegneten wir Dylan auf dem Flur, der mit einem Tablett voller Snacks aus der Küche kam. Er nickte zu neu angekommenen Gästen in der Lounge hinüber und verdrehte die Augen himmelwärts. Ich fragte Rafi, ob ich die Pläne mit in mein Zimmer nehmen könne. Ich wollte sie in Ruhe studieren. Rafi zuckte mit den Schultern, gab sie mir und verschwand wortlos nach draußen. Aber bitte, Rafaël Belloumi war ja schon immer gern eigene Wege gegangen. Ich brütete bis nachts über den Zeichnungen. Als ich ins Bett ging, hatte ich nur noch Striche und Rechtecke vor Augen. Rafi war da immer noch nicht zurück.

Jo sah ich am Sonntagmorgen, zuerst als er und Théo mit den Vorbereitungen für das Frühstück zugange waren, dann als ich die Zutaten in den Speisesaal trug und ihn fragte, ob ich den Zimmerdienst mit übernehmen solle. Er erklärte, das würden die Mädchen ohne mich schaffen, ich könne ruhig etwas anderes machen, er brauche mich nur ab nachmittags in der Küche und am Abend für den Speisesaal. Eine Gelegenheit, mit ihm allein zu sprechen, ergab sich nicht. Doch was hätte ich auch sagen sollen? Stimmt es, dass du mit Sophie zusammen bist, mit meiner Tante? Wieso das denn? Nein, das musste ich geschickter anfangen, ich wusste nur noch nicht, wie.

Rafi sah ich wieder, als ich zu Lana aufbrach und das Hotel kurz vor zehn bei strahlendem Sonnenschein verließ. Am Hintereingang parkte der Lieferwagen der Wäscherei, der zweimal in der Woche kam, um die schmutzige Wäsche des Hotels abzuholen und die frische zurückzubringen. Sonntags hatte ich den Wagen allerdings noch nie bei uns gesehen. An seiner Seite lehnte Thérèse, die Tochter des Wäschereibesitzers, die auf etwas oder jemanden zu warten schien. Wir begrüßten uns kurz und wechselten ein paar Worte. Als ich mich zum Weitergehen anschickte, musterte sie mich mit schräggelegtem Kopf, doch falls sie sich dabei etwas dachte, behielt sie es für sich. Ich lief zur Bushaltestelle. Thérèse war lange mit Lana und mir in eine Klasse gegangen, erst in La Flotte, später in La Rochelle, bis sie im Alter von fünfzehn sitzengeblieben war. Sie hatte andere Interessen als die Schule. Wenn ich sie danach irgendwo sah, den üppigen Körper in hautenge Kleidung gezwängt, auffallend geschminkt, immer umgeben von Jungs und rauchend, hatte ich sie für ihren Mut bewundert, stets gepaart mit einem Gefühl leiser Sorge. Doch bisher hatte sie nicht mehr verbrochen, als zu heiraten und sich scheiden zu lassen und die Wäsche auszufahren. Außerdem sah sie aus wie das blühende Leben, trug hohe schwarze Stiefel und eine schwarze Tunika, unter der der helle Hautstreifen ihrer Schenkel zu sehen war.

Ich setzte mich auf die Bank an der Haltestelle und wartete auf den Bus nach La Rochelle. Nach wenigen Minuten kam Rafi aus dem Hotel. Er sah Thérèse und trat zu ihr. Sie strich an ihrer Tunika entlang, schob ihren Unterleib vor und setzte einen Fuß an der Seitenwand des Lieferwagens auf. Der helle Schenkelstreifen dehnte sich bis kurz vor ihr Schambein. Rafi



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.