Die letzte Rauhnacht (German Edition) by Golling Alexander Lorenz

Die letzte Rauhnacht (German Edition) by Golling Alexander Lorenz

Autor:Golling, Alexander Lorenz [Golling, Alexander Lorenz]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Midnight
veröffentlicht: 2014-09-11T22:00:00+00:00


Drittes Kapitel

Nachtfall

Anders als erwartet, lag der Parkplatz in der im Nebel versunkenen Kreuther Senke verlassen da. Wir hielten nahe an einem Gebüsch und stiegen aus. Der Nebel war so dicht, dass er sogar den Schall zu schlucken schien. Vorsichtig öffneten wir die Heckklappe meines Autos und beförderten unsere Schaufeln hinaus. Wir schulterten sie und marschierten dann so leise wie möglich den Weg entlang zum Friedhof. Außer unseren Schritten war nichts zu hören. Nebel lag silbrig glänzend über dem Moor und hatte alles in eine fast schon unreale nächtliche Märchenlandschaft verwandelt.

Still lag der Friedhof da. Ich öffnete das Gatter, welches quietschend aufging. Es hatte sich also auf den ersten Blick nichts verändert. Wir betraten den alten Gottesacker, der uns mit seinen schrägen Grabsteinen grüßend empfing. Wir gingen bis zur letzten Zeile; links davon lag das Grab von Elisabetha, wir dagegen hielten uns rechts, um zu der in ihrem Tagebuch beschriebenen hinteren rechten Ecke zu kommen. Einige kleine Büsche lagen auf unserem Weg, es waren jene, die vergangene Gräber kennzeichneten. Wir langten an unserem Ziel an. Dabei bemerkte ich, dass diese Stelle durch einen hoch aufragenden Buchsbaum gut gedeckt war, sodass man uns nicht ohne Weiteres sehen konnte.

»So, hier sind wir, Doug«, flüsterte ich. »Lass uns erst mal kurz ausruhen, ich glaube nicht, dass man uns entdecken kann. Nicht in dieser Nacht, nicht in diesem Nebel.«

»Right, das ist O.K., Leo. Es ist unheimlich hier, und du warst schon öfter da? Freiwillig? Das versteh mal einer!«, brummelte Doug vor sich hin, dessen Gesicht unkenntlich unter einem Regencape versteckt war.

»Da gibt’s auch nichts zu verstehen«, antwortete ich. »Mein Sinn für morbide Romantik ist auch sehr eigen. Aber ohne ihn wären wir jetzt nicht hier und würden Hobbyforscher spielen, nicht wahr?«

»Ohne diesen spaßigen Sinn, Leo, wäre ich jetzt daheim im Warmen und hätte es richtig schön gemütlich. Stattdessen werden wir hier gleich eine Störung der Totenruhe begehen. Na, vielen Dank!«, beschwerte sich Doug ironisch. Dann schwiegen wir beide; zu bedrückend waren die Stille und der Nebel. Schließlich ergriff ich als erster eine der Schaufeln, welche wir an die Friedhofsmauer angelehnt hatten, und begann zu graben. Doug folgte sogleich meinem Beispiel. Wir kamen beide schnell voran. Hin und wieder stoppten wir, um mit der Taschenlampe kurz nachzusehen, wie weit wir schon waren; ein kurzes Aufleuchten, das uns nicht verriet, genügte dafür. Schweigend arbeiteten wir dann weiter. Immer tiefer stießen wir in die lehmige Erde vor, und der Haufen neben unserer Grabung wuchs von Minute zu Minute höher.

Anscheinend hatten die beiden Frauen die Holzkiste wirklich tief vergraben, oder wir lagen schlicht und ergreifend falsch. Schweiß trat uns vor Anstrengung auf die Stirn. Trotz der Kälte war es uns nun warm geworden. Eine Schaufel voller Erde wuchteten wir aus dem immer größer und tiefer werdenden Loch. Schließlich machten wir eine kurze Pause, die auch unseren geplagten Lungen geschuldet war. Nach ungefähr fünf Minuten Verschnaufen machten wir weiter, immer darauf bedacht, möglichst wenig Lärm zu verursachen. Plötzlich stieß meine Schaufelspitze auf Widerstand. »Stopp!«, zischte ich leise in Dougs Richtung. Ich kniete mich in das Loch und untersuchte die Stelle genauer.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.