Die Jungfrau Im Eis by Ellis Peters

Die Jungfrau Im Eis by Ellis Peters

Autor:Ellis Peters
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
ISBN: 9783453022249
Herausgeber: Heyne Verlag
veröffentlicht: 1982-01-02T00:00:00+00:00


9. Kapitel

Yves schreckte hoch. Durch den leichten Schlaf, der ihn schließlich doch übermannt hatte, waren Geräusche an sein Ohr gedrungen, so schwach und entfernt, daß er glaubte, sie geträumt zu haben. Neben ihm schlief Bruder Elyas tief und erschöpft, zu tief, um träumen zu können und für eine kurze Zeit im Frieden mit sich selbst. Sein Atem ging ruhig und regelmäßig. Der Junge fühlte mehr, als daß er hörte, wie gut Elyas diese Nacht überstanden hatte, in der er hätte umkommen können. Er klammerte sich an das Leben, auch wenn es ihm Qual bereitete.

Dennoch war Yves sicher, daß er etwas gehört hatte: Menschen. Der Wind war es nicht gewesen, denn der hatte sich gelegt, aber als er jetzt völlig regungslos dasaß und angestrengt lauschte, herrschte ringsum nur absolute Stille.

Nichts ist stiller als eine tiefverschneite Landschaft, bis Menschen den Bann brechen. Und da war es wieder, kaum hörbar und weit entfernt, aber keine Einbildung: ein leises Stimmengemurmel, nur ein Fetzen, und gleich wieder vorbei.

Und dann, einige Augenblicke später, das schwache Klirren von Metall, vielleicht das Zaumzeug eines Pferdes. Steif und vorsichtig um den Schlafenden nicht zu wecken, stand Yves auf und tastete sich den Weg zur Tür. Draußen herrschte noch jenes graue Zwielicht, das der Morgendämmerung vorangeht, aber das vom Schnee reflektierte Licht gab einen gespenstischen Schein. Die Nacht neigte sich ihrem Ende zu - es waren Leute unterwegs. Leute mit Pferden! Yves schloß die Tür der Hütte, verriegelte sie jedoch nicht und begann, sich so schnell wie möglich durch den tiefen Schnee zu kämpfen, damit die Männer nicht vorbeigezogen waren, bevor er sie um Hilfe bitten konnte.

Irgendwo am Fuß des Hanges, hinter einem Dickicht verschneiter Büsche und einer Gruppe von Bäumen, die gebeugt und weiß dastanden wie müde alte Männer, lachte jemand, und wieder ertönte das Klingeln eines Pferdegeschirrs.

Die Wanderer kamen, wie er gehofft hatte, aus der Richtung von Ludlow und Bromfield. Voller Angst, sie könnten vorbeiziehen und die Hütte gar nicht bemerken, stürzte Yves stolpernd durch den knietiefen Schnee den Hang hinunter, stieß auf eine Bodenerhebung, die der Wind fast freigefegt hatte und begann zu rennen. Er umging das Dickicht, arbeitete sich durch einige Büsche und tastete sich mit ausgestreckten Händen durch die Dunkelheit unter den dicht beieinanderstehenden Bäumen. Die Stimmen kamen näher, laut und ungedämpft. Die einzelnen Worte konnte er noch immer nicht verstehen, aber ihr Klang ließ ihn Hoffnung schöpfen. Jemand begann zu singen, ein anderer machte eine laute Bemerkung und dann ertönte Gelächter. Darüber war Yves ungehalten, ja fast empört. Wenn diese Männer zu einem Suchtrupp gehörten, so klangen sie nicht allzu eifrig. Aber selbst wenn es nicht, wie er angenommen hatte, Hugh Beringars Männer waren - was machte das schon? Jedenfalls waren es Männer, und sie konnten ihm helfen.

Seine Augen hatten sich inzwischen an das gespenstische Zwielicht gewöhnt und als er aus dem Gebüsch trat, gewahrte er zwischen den Bäumen schattenhafte Bewegungen. Als er auf die weit auseinandergezogene Kette der Männer zurannte, sah er, daß es mehr waren, als er angenommen hatte - mindestens zehn oder zwölf.



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