Die Judenbuche by Annette von Droste-Hülshoff

Die Judenbuche by Annette von Droste-Hülshoff

Autor:Annette von Droste-Hülshoff [Droste-Hülshoff, Annette von]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Literatur Online: Kunstguerilla for Freewarez am: 11.10.2000

13 / 24

Annette von Droste-Hülshoff (1779-1848)

Die Judenbuche

zu erwarten, sei man rasch der andern Seite des Waldes zugeschritten, in der Hoffnung, viel-

leicht noch einen Blick von den Frevlern zu erhaschen. Hier habe sich einem von ihnen beim

Ausgange des Waldes die Flaschenschnur in Brombeerranken verstrickt, und als er umge-

schaut, habe er etwas im Gestrüpp blitzen sehen; es war die Gurtschnalle des Oberförsters,

den man nun hinter den Ranken liegend fand, grad ausgestreckt, die rechte Hand um den Flin-

tenlauf geklemmt, die andere geballt und die Stirn von einer Axt gespalten.

Dies waren die Aussagen der Förster; nun kamen die Bauern an die Reihe, aus denen jedoch

nichts zu bringen war. Manche behaupteten, um vier Uhr noch zu Hause oder anderswo be-

schäftigt gewesen zu sein, und keiner wollte etwas bemerkt haben. Was war zu machen? Sie

waren sämtlich angesessene, unverdächtige Leute. Man mußte sich mit ihren negativen Zeug-

nissen begnügen.

Friedrich ward hereingerufen. Er trat ein mit einem Wesen, das sich durchaus nicht von seinem

gewöhnlichen unterschied, weder gespannt noch keck. Das Verhör währte ziemlich lange, und

die Fragen waren mitunter ziemlich schlau gestellt; er beantwortete sie jedoch alle offen und

bestimmt und erzählte den Vorgang zwischen ihm und dem Oberförster ziemlich der Wahrheit

gemäß, bis auf das Ende, das er geratener fand, für sich zu behalten. Sein Alibi zur Zeit des

Mordes war leicht erwiesen. Der Förster lag am Ausgange des Masterholzes; über dreiviertel

Stunden Weges von der Schlucht, in der er Friedrich um vier Uhr angeredet und aus der dieser

seine Herde schon zehn Minuten später ins Dorf getrieben. Jedermann hatte dies gesehen; alle

anwesenden Bauern beeiferten sich, es zu bezeugen, mit diesem hatte er geredet, jenem zu-

genickt.

Der Gerichtsschreiber saß unmutig und verlegen da. Plötzlich fuhr er mit der Hand hinter sich

und brachte etwas Blinkendes vor Friedrichs Auge. "Wem gehört dies?" Friedrich sprang drei

Schritt zurück. "Herr Jesus! Ich dachte, Ihr wolltet mir den Schädel einschlagen." Seine Augen

waren rasch über das tödliche Werkzeug gefahren und schienen momentan auf einem ausge-

brochenen Splitter am Stiele zu haften. "Ich weiß es nicht", sagte er fest. Es war die Axt, die

man in dem Schädel des Oberförsters eingeklammert gefunden hatte. "Sieh sie genau an" fuhr

der Gerichtsschreiber fort. Friedrich faßte sie mit der Hand, besah sie oben, unten, wandte sie

um. "Es ist eine Axt wie andere", sagte er dann und legte sie gleichgültig auf den Tisch. Ein

Blutfleck ward sichtbar; er schien zu schaudern, aber er wiederholte noch einmal sehr be-

stimmt: "Ich kenne sie nicht." Der Gerichtsschreiber seufzte vor Unmut. Er selbst wußte um

nichts mehr und hatte nur einen Versuch zu möglicher Entdeckung durch Überraschung ma-

chen wollen. Es blieb nichts übrig als das Verhör zu schließen.

Denjenigen, die vielleicht auf den Ausgang dieser Begebenheit gespannt sind, muß ich sagen,

daß diese Geschichte nie aufgeklärt wurde, obwohl noch viel dafür geschah und diesem Verhö-

re mehrere folgten. Den Blaukitteln schien durch das Aufsehen, das der Vorgang gemacht, und

die darauf folgenden geschärften Maßregeln der Mut genommen; sie waren von nun an wie

verschwunden, und obgleich späterhin noch mancher Holzfrevler erwischt wurde, fand man

doch nie Anlaß, ihn der berüchtigten Bande zuzuschreiben. Die Axt lag zwanzig



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.