Bambi by Felix Salten

Bambi by Felix Salten

Autor:Felix Salten [Salten, Felix]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Eine Lebensgeschichte aus dem Walde
veröffentlicht: 2014-11-23T05:00:00+00:00


Die Weiden hatten längst ihre Kätzchen verloren. Alles begann zu grünen, aber die jungen Blätter an Strauch und Baum waren noch klein. Vom zarten Licht dieser frühen Morgenstunde überschimmert, sahen sie in ihrer lächelnden Frische aus wie kleine Kinder, die eben aus dem Schlaf erwacht sind.

Vor einem Haselstrauch stand Bambi und schlug seine neue Krone gegen das Holz. Das war so angenehm. Und außerdem war es auch notwendig, denn immer noch umhüllten Bast und Pelz den Schmuck seines Hauptes. Die mussten herunter, selbstverständlich; und wer auf Ordnung hielt, der wartete nicht, bis sie von selbst abfielen. Bambi fegte seine Krone, dass die Basthülle in Fetzen riss und ganze Streifen davon ihm um die Lauscher baumelten. Während er gegen den Haselstrauch schlug, auf und ab, fühlte er, dass seine Krone härter war als der Haselstock. Dieses Gefühl durchdrang ihn mit einem Rausch von Kraft und Stolz. Heftiger drang er auf den Haselstrauch ein und riss ihm das Rindenkleid in langen Stücken auseinander. Das weiße Holz kam nackt zum Vorschein und lief alsbald in der ungewohnten freien Luft rostrot an. Bambi konnte darauf keine Rücksicht nehmen. Er sah das helle Fleisch des Holzes unter seinen Hieben aufblitzen, und das begeisterte ihn. Hier in der Runde trugen noch manche andere Haselbüsche und Hartriegelsträucher die Spuren seiner Arbeit.

»Nun sind Sie wohl bald fertig …?«, fragte eine muntere Stimme nahe bei ihm.

Bambi warf das Haupt empor und blickte sich um.

Da saß das Eichhörnchen und sah ihn freundlich an. Über ihnen lachte jemand gellend und kurz: »Tja-ha!«

Bambi und das Eichhörnchen erschraken beinahe. Doch der Specht, der dicht am Stamme der Eiche hockte, rief herunter: »Entschuldigen Sie … ich muss jedes Mal lachen, wenn ich Ihnen so zuschaue.«

»Was gibt’s denn da so laut zu lachen?«, fragte Bambi höflich.

»Nun«, meinte der Specht, »Sie fangen eben die Sache ganz falsch an. Erstens müssen Sie sich an starke Bäume halten, denn bei dem dünnen Haselstöckchen kommt doch nichts heraus.«

»Was soll denn herauskommen?«, erkundigte sich Bambi.

»Käfer …«, lachte der Specht. »Käfer und Larven … Sehen Sie, das macht man so!« Er trommelte an dem Eichenstamm. Tok, tok, tok, tok.

Das Eichhörnchen sauste zu ihm empor und zankte ihn aus. »Was reden Sie denn da? Der Prinz sucht keine Käfer und Larven …«

»Warum nicht?«, sagte der Specht vergnügt, »die schmecken ausgezeichnet …« Er zerbiss einen Käfer, verschluckte ihn und trommelte wieder.

»Das verstehen Sie nicht«, zankte das Eichhörnchen weiter, »so ein vornehmer Herr verfolgt ganz andere, viel höhere Zwecke … Sie blamieren sich bloß …«

»Daran liegt mir nichts«, antwortete der Specht. »Ich pfeife auf die höheren Zwecke«, rief er lustig und flatterte fort.

Das Eichhörnchen sauste wieder herunter.

»Kennen Sie mich nicht?«, fragte es und machte ein vergnügtes Gesicht.

»Ich glaube wohl«, antwortete Bambi freundlich, »Sie wohnen doch da oben …« Er deutete zur Eiche hinauf.

Das Eichhörnchen sah ihn munter an. »Sie verwechseln mich mit meiner Großmutter«, sagte es, »ich wusste ja, dass Sie mich mit meiner Großmutter verwechseln. Meine Großmutter hat da oben gewohnt, als Sie noch ein Kind waren, Prinz Bambi. Sie hat mir oft von Ihnen erzählt.



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