Die Jaegerin by Brigitte Melzer

Die Jaegerin by Brigitte Melzer

Autor:Brigitte Melzer [Melzer, Brigitte]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Paranormal
Herausgeber: hockebooks
veröffentlicht: 2014-10-16T22:00:00+00:00


12

Als Alexandra die Augen wieder öffnete, war Lucian Mondragon fort. Sie konnte nicht lange geschlafen haben, denn die Kerze war nicht weit heruntergebrannt. Abgesehen davon steckte ihr die Müdigkeit noch immer tief in den Knochen. Trotzdem stand sie auf und griff nach dem Kerzenteller. Die kleine Flamme fauchte leise und zuckte. Im wankenden Lichtschein sah sie zur Tür. Der Riegel war zur Seite geschoben. Als sie mit der Hand danach tastete, erwartete sie halb, eingesperrt zu sein. Doch die Tür ließ sich ohne Schwierigkeiten öffnen. Die Kerze vermochte den Gang, der sich davor erstreckte, nur unzureichend zu erleuchten. Lange Lichtfinger reckten sich an den kalten Steinwänden entlang, ehe sie in der Dunkelheit versanken. Es war feucht und so zugig, dass sie die Flamme mit der Hand abschirmen musste. Zumindest schien sie allein zu sein. Dennoch auf der Hut, folgte sie dem Gang, in der Hoffnung, bald auf die Treppe zu stoßen.

Wenn sie in die Schatten blickte, glaubte sie noch immer, Lucian Mondragons Gesicht vor sich zu sehen. Es fiel ihr schwer, den Anblick dieser Augen zu vergessen. Es waren die Augen des Unendlichen. Zugleich waren sie vollkommen anders. Einzigartig. Fesselnd. Zweifelsohne hatte sie seine Augen lediglich so empfunden, weil er es so wollte. Etwas an der Art, mit der er sie behandelt hatte, war seltsam gewesen. Eine befremdliche Mischung aus Fürsorge und Distanz, die ihr bedrohlicher erschienen war als jede Waffe. Als habe er sich ständig zurückgehalten. Was bezweckt er damit? Und woher kannte er ihren Namen? Ihre Finger glitten an den Lederbeutel, den er ihr gegeben hatte. Sie blieb stehen, stellte den Kerzenteller auf den Boden und löste die Schnüre. Zögernd öffnete sie den Beutel und schüttete seinen Inhalt in ihre Hand. Fünf Kugeln, durchsichtig wie Glas und jede einzelne kaum größer als ein Daumennagel. Sie fühlten sich kalt an. Erstaunt blickte sie auf die Kugeln. Darin waberte eine Flüssigkeit, die aussah, als wäre sie ein zäher Nebel aus dunkelblauer Tinte. Sie werden wissen, wann und wie Sie es verwenden müssen. Alexandra hatte niemals zuvor etwas Ähnliches gesehen. Wie sollte sie wissen, welchen Zweck es erfüllte? Das wird Sie schützen. Aber wie? Die Kugeln klackten leise, als sie sie wieder in den Beutel fallen ließ. Alexandra hielt erschrocken den Atem an. Würden sie zerbrechen? Doch den Kugeln geschah nichts. Rasch verschnürte sie den Beutel, verstaute ihn in ihrer Jackentasche und nahm die Kerze wieder auf. Sie wusste weder, was sie mit diesen Kugeln anfangen sollte, noch warum Lucian Mondragon überhaupt daran gelegen sein sollte, sie zu beschützen. Sie sind mein Schicksal.

„Schwachsinn“, murmelte sie.

Endlich erreichte Alexandra die Treppe und folgte den Stufen langsam hinauf. Oben angekommen blies sie die Kerze aus und ließ sie vor einer Wand zurück. Trübes Tageslicht zwängte sich durch schmale Fensteröffnungen und tauchte den Gang in ein fleckiges Gitter aus Hell und Dunkel. Deshalb war er also fort. Er war gegangen, ehe ihn das Licht des Tages für weitere Stunden in der Dunkelheit des Kellers gefangen halten konnte.

Lautes Kinderlachen drang aus einem der oberen Stockwerke an ihr Ohr, gefolgt vom wütenden Gebrüll eines Mannes.



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