Die Heilkraft der Bewegung. Wie Sie Krankheiten besiegen und Ihr Leben verlängern by Jörg Blech

Die Heilkraft der Bewegung. Wie Sie Krankheiten besiegen und Ihr Leben verlängern by Jörg Blech

Autor:Jörg Blech [Blech, Jörg]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783104030333
Herausgeber: FISCHER E-Books
veröffentlicht: 2014-06-30T16:00:00+00:00


Kapitel 9

Lernen braucht Bewegung

Aufmerksam sah der Gelehrte jungen Menschen beim Spielen und Raufen, beim Toben und Rennen zu, dann stand für ihn fest: »Willst du die geistige Kraft deines Zöglings pflegen, so pflege die Kräfte, welche durch sie regiert werden sollen. Übe unablässig den Leib, mache ihn kräftig und gesund, um ihn weise und vernünftig zu machen.« Die Worte stammen vom französisch-schweizerischen Pädagogen und Aufklärer Jean-Jacques Rousseau (1712–1778) – aber sie müssen allein deshalb nicht unbedingt stimmen.[161] Nichts gegen Rousseau, aber es könnte ja auch wie folgt sein: In Wahrheit reift der träge Bücherwurm zum großen Denker, weil er seine Energie ganz auf die Kognition lenkt – zum Klugwerden müsste man den Leib gar nicht ertüchtigen.

Doch die moderne Neurowissenschaft hat Rousseau eindrucksvoll bestätigt: Körperliche Bewegung hat in der Tat einen segensreichen Effekt auf die geistigen Fähigkeiten. Sie ist sogar die Voraussetzung dafür, dass das Gehirn sein Potential vollkommen ausschöpfen kann.

Ein Mensch kommt mit 160 bis 180 Milliarden Nervenzellen im Gehirn auf die Welt. In den ersten vier Lebensjahren wird aus dieser Mitgift das fertige Denkorgan entstehen, das dann im Durchschnitt noch über 100 Milliarden Nervenzellen verfügt. Gerade in den Vorschuljahren, so die Kölner Sportmediziner Wildor Hollmann und Heiko Strüder, »begünstigen koordinative Beanspruchungen den Erhalt von im Überschuss vorhandenen Gehirnneuronen und fördern Synapsenbildung«, also die Vernetzung der Nervenzellen untereinander.[162] Genau wie auf das Herz entfaltet die körperliche Aktivität auch auf das Denkorgan eine nicht zu unterschätzende Kraft. Experimente deuten darauf hin, dass es einer Mindestmenge an Aktivität bedarf, um die erstaunliche Anpassungsfähigkeit des Gehirns, die Plastizität zu sichern.

Dabei hatten Psychologen und Nervenärzte die Motorik einerseits und die Kognition andererseits bis vor kurzem noch für zwei getrennte Domänen gehalten. Diese Auffassung wird bis heute aus den Bezeichnungen der Anatomen ersichtlich:

Da das Kleinhirn (Cerebellum), das traditionell als Steuerzentrum der Motorik dargestellt wird, zuständig fürs unbewusste Planen und Erlernen von Bewegungsabläufen.

Hier der präfrontale Kortex, eine Zentrale für kognitive Vorgänge, wie das Planen und das Verhalten in sozialen Gruppen.

In zeitlicher Hinsicht hielt man diese Domänen ebenfalls für getrennt: Die motorische Entwicklung eines Kindes werde früh angegangen und zeitig abgeschlossen. Die kognitive Entwicklung dagegen folge einem späteren Zeitplan. Und schließlich ging die etablierte Wissenschaft davon aus, diese Ausformungen seien durch körperliche Tätigkeiten gar nicht zu beeinflussen. Lange Zeit galt die Regel: Die eigenständige Regulation der Gehirndurchblutung kann durch äußere Einflüsse nicht verändert werden.

Erst als neue Verfahren zur Gehirnuntersuchung verfügbar wurden, konnte die alte Hypothese überprüft werden. An der Deutschen Sporthochschule in Köln ließen Wildor Hollmann und seine Kollegen gesunde männliche Sportstudenten auf dem Fahrrad-Ergometer strampeln. Per Positronen-Emissions-Tomographie (PET) verfolgten die Wissenschaftler, was derweil in den Gehirnen der Testpersonen vorging: Bei einer Belastung von 25 Watt wurde die Durchblutung des Gehirns um durchschnittlich 20 Prozent gesteigert. Bei 100 Watt strömte noch mehr Blut durch das Oberstübchen, eine Steigerung um 30 Prozent – die Regel vom abgeschotteten Gehirn war damit widerlegt.

Interessanterweise ist es gerade die moderate Bewegung, die zu einer besonders starken Zunahme der Durchblutung führt. Diese betrifft allerdings nicht das komplette Gehirn, wie Versuche mit Ratten auf



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