Die guten Schwestern by Leif Davidsen

Die guten Schwestern by Leif Davidsen

Autor:Leif Davidsen
Die sprache: de
Format: mobi
veröffentlicht: 2012-01-25T23:00:00+00:00


16

Beim nächsten Treiben waren wir schweigsamer. Der Schrei des Hasen klang noch in unseren Ohren. Nur der Hund sah zufrieden aus, da ihn der Jagdhelfer gelobt hatte, als er die totgebissene Beute apportierte. Aber vielleicht hatte die Sache doch auch die Jäger ein wenig beeindruckt. Jedenfalls waren sie geduldiger und schossen erst, wenn das Wild nahe genug herangekommen war. Ich wollte nicht wehleidig und kleinmädchenhaft wirken und schritt klatschend vorwärts wie die Jungen an meiner Seite, aber einige der größeren, vierzehnjährigen Mädchen hatten Schwierigkeiten, die Tränen zurückzuhalten. Eigentlich sonderbar. Ich weiß nicht, warum es uns mehr unter die Haut ging, wenn ein Hund tötete, als wenn es ein Mensch tat. Weil wir das Tier in Wirklichkeit mit einer Vernunft und einer Güte, einer umgekehrten Menschlichkeit ausstatten, die es gar nicht besitzt?

Die letzte Jagd brachte nur einen einzigen Fasan und einen Hasen ein, dann kriegten wir unsere Würstchen und unsere Limonade. Unsere Stimmung wurde besser, als der Wagen mit den beiden Mädchen vom Gut kam, die den großen, dampfenden Suppentopf brachten und die Körbe mit den Semmeln für die Würstchen, daneben die großen Gläser mit Senf und den selbstgemachten Ketchup in alten, weißen Milchflaschen. Die Jäger standen ein Stück von uns entfernt auf einer Lichtung und bekamen ein paar belegte Brote samt einem Bier und einem Kaffeepunsch. Sie ließen sich die gelbe Orangenlimonade von Valash und die roten Würstchen entgehen, die in der grauen, scharfen Herbstluft so herrlich schmeckten. Alles war herbstlich. Der Geruch von faulendem Laub, der sich mit dem Salzduft vom Meer auf der anderen Seite des Deiches vermischte. Die treibenden Wolken über den gelben Blättern, die noch an den Zweigen hingen. Die großen Laubbäume im Wald warteten nur auf den ersten richtigen Herbststurm. Die ganze Zeit sah es bedrohlich nach Regen aus, aber es blieb bei einigen wenigen Tropfen. Und plötzlich brach die Sonne durch die Wolkendecke, die sich teilte, als hätte der liebe Gott mit einem Brotmesser hindurchgeschnitten. Vater kam zu Fritz und mir und fragte, wie es uns gehe. Ob uns warm sei und wir trocken geblieben seien. Dann drückte er mir leicht den Oberarm, als verstünde er, daß mir der Hase leid tat, und als wüßte er, daß ich das keinem zeigen konnte, weder ihm noch sonst jemandem. Fritz war ja eigentlich der Kleinere, aber seine Wangen glühten, und seine Augen glänzten. Er war fast so groß wie ich, und es war deutlich zu sehen, wie sehr er nach seinem Vater kam. Die Jagdhelfer kamen herbei und sagten, wir sollten uns langsam fertigmachen und auf den Wagen klettern. Denn vor dem Mittagbrot um eins sollten wir gern noch ein paar weitere Reviere schaffen. Wir saßen auf, und Niels Ejnar fuhr uns zu unseren neuen Positionen. Wir waren richtig guter Stimmung und sangen die Lieder, die wir morgens in der Schule sangen, während wir auf dem von Löchern übersäten Feldweg dahinholperten. Und so ging es bis zum Essen.

Wir standen oder saßen in der hohen Scheune und aßen unsere Brote und tranken Limonade, während die Herren ihr Essen im Rittersaal des Hauptgebäudes zu sich nahmen.



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