Die große Sache by Heinrich Mann

Die große Sache by Heinrich Mann

Autor:Heinrich Mann [Mann, Heinrich]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 3546462831
Herausgeber: claassen Verlag GmbH
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


* * *

Zwölftes Kapitel

Im Arbeitszimmer wurde Nora erwartet, alle drei Versammelten waren sogar etwas in Unruhe. Die Kleine sagte zum viertenmal: »Ich verstehe nicht, Margo. Laß dich doch losmachen!«

»Nein, du verstehst nicht, Susi.«

»Ich auch nicht, Frau Rapp.«

»Sie auch nicht, Bergmann. Ich will sichergehen. Solange ich an Sigi gefesselt bin, habe ich mein Alibi.«

»Dafür, daß Sie hier nichts geklaut haben?« fragte Flieger Bergmann.

»Heißt er Sigi?« fragte Susi und untersuchte die Puppe. Ihre große Schwester bemühte sich, ihre Bewegungen so einzurichten, daß Susi von Sigi eine Ohrfeige bekam. Aber wenn man es wollte, ging es nicht. Er schlug vorbei.

»Etsch«, sagte die Kleine. »Aber er ist ein süßer Junge, ich würde ihn auch nicht loslassen.«

»Nicht dafür, daß ich hier nichts geklaut habe«, erklärte Margo. »Ich muß beweisen können, daß ich mit Schattich nichts habe. Er ist bösartig, er sagt einfach, ich habe ihm nachgestellt.«

»Die Alte hat dich doch schon gesehen.«

»Die hat in ihrer furchtbaren Aufregung vorhin überhaupt nichts gesehen. Sie ist hier durchgerast, sie wollte nicht hören, daß der Schlüssel zu der hinteren Tür auf dem Schreibtisch lag. Erst hat sie gerüttelt, ohne zu hören. Dann hab ich dir, Susi, gesagt, du sollst ihr den Schlüssel bringen. Sie hat die Tür nicht aufgebracht, sie war zu stürmisch. Du hast die Tür aufgemacht. Nun los, sie haut ab und widmet sich Schattich.«

»Ich möchte nicht in seiner Haut stecken«, sagte Fritz Bergmann. »Die Keile!«

»Es setzt keine Keile, Bergmann. Ich glaube, es setzt Schlimmeres.«

»Schießt sie?« Susi suchte schon den Ausgang. »Laß dich von Fritz lieber losmachen, Margo!«

»Bleibe mal hier! Du warst doch bei dem Einbruch so tapfer.«

»Da war auch Fritz dabei, und geschossen wurde nicht.«

»Ich weiß nicht«, meinte Margo. »Im Notfall hätte der Einbrecher natürlich schießen müssen.«

»Nein!« behauptete Bergmann. »Nein, Frau Rapp, das doch nicht.«

»Zeigen Sie mal, ob Sie keinen Revolver tragen«, verlangte sie, und plötzlich sah sie ihn an.

»Wie komm ich –? Was hab ich –?«

»Sie sind vertattert, das ist das gute Gewissen«, ergänzte Margo ruhig.

Die kleine Schwester verstand dies nicht; sie wollte noch immer Margo überzeugen, daß sie sich besser von Sigi losbinden lasse. Sie brachte vor: »Die Alte hat dich und Sigi ganz genau besehn – durchs Schlüsselloch, meine Liebe.«

»Frau Nora Schattich sieht durch Schlüssellöcher?«

»Wenigstens durch dieses. Ist das wahr, Fritz? Wie wir beide zu ihr kamen, rannte sie durch ihre knorke Zimmerflucht und paffte. Angezogen war sie, wie zum Großausgehen. Meine Herren! Bis die begriffen hat, wer wir waren und was wir wollten. Sie dachte wohl, wir wollten sie auf die Hucke nehmen. Dann kommt sie mit uns, als ob sie eine geblästert gekriegt hätte. Hier vor der Tür sagt sie zu mir: ›Kiek mal durch!‹«

Die Kleine öffnete und schloß jene Tür, sie machte den verstörten Gang der Dame, alles mimte sie. Ihre erfahrenere Schwester dachte: ›Bedeutet das nun ihre künftige Chance – oder vergeht es? Mir ist, als wäre im Leben das meiste von selbst wieder vergangen, bevor wir es uns richtig angeeignet hatten.‹ Etwas zog ihr die Brust zusammen, ohne daß sie ausdrücklich Emanuel meinte.

»Ich kieke auch«, sagte Susi weiter, »und sehe dich dasitzen und schreiben.



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