Die Frau am Meer by Ursula Isbel-Dotzler

Die Frau am Meer by Ursula Isbel-Dotzler

Autor:Ursula Isbel-Dotzler
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: SAGA Egmont
veröffentlicht: 2018-06-08T00:00:00+00:00


12

Am folgenden Tag nahm uns Mrs Potter mit ihrem klapprigen Auto, in dessen Heckscheibe, unter einem Häkelhütchen versteckt, eine Rolle Toilettenpapier prangte, mit nach Penbury.

Sie hielt das Lenkrad umklammert wie ein Kapitän, der sein Schiff durch stürmische See steuert. Auf dem Kopf trug sie einen graubraunen Filzhut, der mich an einen Baumschwamm erinnerte.

Am Hafen von Penbury, inmitten von Touristenschwärmen und Ausflugsbussen, setzte sie uns ab. 'Vergesst nicht, der letzte Bus fährt um sechs Uhr fünf!', sagte sie. 'Und benehmt euch anständig.'

Ich fragte mich, was wir in diesem Küstennest Unanständiges tun sollten. Nackt über die Hafenmole laufen vielleicht oder die Bank ausrauben?

Eine felsige Landzunge ragte in die sichelförmige Bucht, die gerade von einer Fähre angesteuert wurde. Es roch nach Seetang und Teer, nach Öl und Fischen. Segelschiffe schaukelten auf dem Wasser.

Jenseits des Hafens war die Uferstraße gesäumt von Hotels und Bankgebäuden aus der Zeit Königin Victorias, mit weiß gestrichenen Balkonen, Säulen und Türmchen, mit Schnitzereien und blitzenden Türklopfern. Inmitten des Verkehrsgewühls verbreiteten sie einen Hauch von verblichenem Glanz.

Wir wurden von einer Reisegruppe überholt, angerempelt und zur Seite geschubst. Sally griff nach meiner Hand. Plötzlich war Rian verschwunden.

'Rian! Rian, wo bist du?', rief ich in einem Anflug von Panik.

Seine magere kleine Gestalt tauchte hinter einer sehr fetten Dame auf, die in ihrem roten Hosenanzug wie ein Feuermelder aussah. 'Da bin ich doch', sagte er. 'Aber lasst uns von hier verschwinden, das Gewühl ist echt ätzend.'

'Nichts lieber als das', erwiderte ich. 'Nur müssen wir jetzt gleich vereinbaren, wo wir uns treffen, für den Fall, dass wir uns verlieren.'

Wir wählten den Busbahnhof direkt gegenüber der Mole, auf einer Verkehrsinsel, die die Uferpromenade teilte. Dort gab es ein putziges Häuschen mit Uhrenturm, ein Ort, den keiner von uns verfehlen konnte; nicht einmal ich.

Das Zentrum von Penbury bestand aus drei Einkaufsstraßen mit einer Unmenge Souvenirshops und Galerien. Darüber wanden sich verschachtelte Gassen und schmale Durchgänge zwischen malerischen alten Häusern die Hänge und Klippen hinauf. Hoch oben thronte auf einem Felsvorsprung ein Schloss mit Blick auf den Hafen und das offene Meer. Es wurde noch von einer cornischen Adelsfamilie bewohnt und konnte nicht besichtigt werden, wie Rian mir erleichtert erklärte.

Ich kaufte Haferkekse und Äpfel für die Pferde und allerhand Geschenke – einen Bildband von Cornwall für meine Eltern, englische Toffees für Tobias und ein Duft-Potpourri aus getrockneten Blüten für meine beste Freundin Katinka. Dann entdeckte ich im Schaufenster eines Antiquariats ein dünnes kleines Buch mit dem Titel Cornish Tales. Es kostete nicht mehr als vier Pfund.

Ich dachte an Nick und fragte mich, ob ich es ihm als Geschenk mitbringen sollte. Oder würde er das womöglich als aufdringlich empfinden? Rian versuchte, mich weiterzuziehen.

'He, das ist stinklangweilig, ich möchte jetzt ein Eis!', quengelte er.

'Ich geh mit ihm ins Smuggler’s Cave ', sagte Sally, fürsorglich wie immer. 'Mach dir keinen Stress, Fanny. Wir kaufen uns ein Eis und warten dort auf dich.'

Ich zögerte. 'Wo ist es? Ist es weit von hier?'

'Nein, nur um zwei Ecken, unten an der Hafenstraße. Keine Sorge, da warten wir auch immer auf Mami, wenn sie Einkäufe macht.



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