Die dritte Jungfrau by Fred Vargas

Die dritte Jungfrau by Fred Vargas

Autor:Fred Vargas [Vargas, Fred]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Krimis & Thriller
ISBN: 9783746624556
Herausgeber: Aufbau
veröffentlicht: 2009-01-15T00:00:00+00:00


Schweigend kehrten die drei Männer nach Haroncourt zurück. Adamsberg fuhr mit der Schrittgeschwindigkeit eines Pferdes, als müsse das Auto im selben langsamen Tempo dahinrollen wie seine Gedanken.

»Was halten Sie von ihm, Capitaine?« fragte Adamsberg.

»Ein wenig nervös, ziemlich schrullig, was begreiflich ist, wenn er gerade den großen Sprung wagt. Aber der Besuch hat sich trotzdem gelohnt.«

»Wegen des Buches natürlich. Ist es ein Reliquienverzeichnis?«

»Nein, es ist die bedeutendste Abhandlung über deren Verwendung. Von den heiligen Reliquien und ihrem Gebrauch. Das Exemplar des Pfarrers ist in sehr gutem Zustand. Selbst mit vier Jahresgehältern könnte ich es mir nicht leisten.«

»Die Reliquien wurden zu irgendwas verwendet?«

»Für alles mögliche. Gegen offenen Leib, Ohrenschmerzen, Fieber, Hämorrhoiden, Lustlosigkeit, hysterische Zustände.«

»Wir sollten es Dr. Romain schenken«, meinte Adamsberg lächelnd. »Und warum ist diese Ausgabe so kostbar?«

»Ich habe es Veyrenc schon erzählt. Weil sie die berühmteste aller Medikationen enthält, jene nämlich, die von der Kirche jahrhundertelang verdammt wurde. Sie ausgerechnet bei einem Pfarrer vorzufinden ist schon ziemlich ungewöhnlich. Und genau auf der entsprechenden Seite läßt er das Buch kurioserweise aufgeschlagen. Vermutlich eine kleine Provokation.«

»Im Grunde ist er ganz gut plaziert, um Hieronymus’ Gebeine selber entwendet zu haben. Eine Medikation wofür, Danglard? Um seine Berufung wiederzufinden? Um sich teuflische Versuchungen auszutreiben?«

»Um das ewige Leben zu erlangen.«

»Auf Erden oder im Himmel?«

»Auf Erden und in alle Ewigkeit.«

»Dann sagen Sie sie, Capitaine.«

»Wie soll ich mich daran erinnern?« grummelte Danglard.

»Ich erinnere mich«, sagte Veyrenc sehr diskret.

»Ich höre, Lieutenant«, sagte Adamsberg, noch immer lächelnd. »Vielleicht verrät uns dieser Text, was dem Pfarrer tatsächlich durch den Kopf geht.«

»Gut«, meinte Veyrenc zögernd, er konnte nicht unterscheiden, was bei Adamsberg echtes Interesses war und was bloße Laune. »Unfehlbares Mittel, das Leben zu verlängern durch die den Reliquien innewohnende Kraft, die Miasmen des Todes zu mindern, basierend auf den wahrheitlichsten Verfahren und von einstmaligen Irrtümern gereinigt.«

»Das ist alles?«

»Nein, das ist nur die Überschrift.«

»Erst danach wird’s kompliziert«, sagte Danglard, der zugleich verblüfft und beleidigt war.

»Fünfmal verstreicht die Zeit der Jugend, da du sie umkehren mußt, sie ihrem Lauf entreißt und den gegangenen Weg zurückgehst. Dafür zermahlst du zu Pulver die heiligen Reliquien, nimmst drei Prisen, vermischst sie mit jener Manneskraft, die sich nicht beugen läßt, desgleichen mit dem Lebendigen von Jungfrauen, selbigem dextra, angesetzt zu drei gleichen Teilen, welches du zerstößest mitsamt dem Kreuz, das im Ewigkeitssproß lebt, adiacens in gleicher Menge, wobei all dies dem Kreis des Heiligen entstammen soll, und solches, mit dem Wein des Jahres verrührt, wird sein Haupt zu Boden zwingen.«

»Kannten Sie das schon vorher, Veyrenc?«

»Aber nein, ich habe es gerade gelesen.«

»Verstehen Sie es?«

»Nein.«

»Ich auch nicht.«

»Es geht darum, sich das ewige Leben zu verschaffen«, sagte Danglard ungehalten. »So was erlangt man nicht im Handumdrehen.«

Eine halbe Stunde später luden Adamsberg und seine Mitarbeiter die Taschen ins Auto für ihre Rückreise nach Paris. Danglard schimpfte über den Kaminschirm im Fond, ganz zu schweigen von dem Hirschgeweih, das die gesamte Rückbank versperrte.

»Es gibt nur eine Lösung«, sagte Adamsberg. »Wir verstauen die Geweihstangen vorn, und die beiden Mitfahrer setzen sich nach hinten.«

»Wir sollten das Geweih besser hierlassen.«

»Sie machen Witze, Capitaine. Übernehmen Sie das Steuer, Sie sind der Größte.



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