Die Dirne vom Niederrhein by Sebastian Thiel

Die Dirne vom Niederrhein by Sebastian Thiel

Autor:Sebastian Thiel [Thiel, Sebastian]
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
veröffentlicht: 2013-06-04T22:00:00+00:00


Kapitel 11

- Hilflose Blicke -

Ein leichter Fahrtwind umwehte ihre Haare und ließ die Strähnen um sie herum tanzen. »Wo fahren wir hin?«, wollte Elisabeth wissen.

Rosi fasste die Zügel des Wagens fester und hielt die Gäule an, Fahrt aufzunehmen. »Major von Rosen zieht mit einer kleineren Abordnung nach Viersen. Auch dort hat es Einquartierungen gegeben«, sagte sie und blickte sich um.

Ihr Wagen war der erste im Hurentross, alle anderen folgten. Den zweiten lenkte die vorlaute Uta, der dritte wurde von der rothaarigen Pauline gesteuert. Beide waren Elisabeth in der kurzen Zeit gute Freundinnen geworden. Selbst ihre anfänglichen Probleme mit dem Überziehen der Schweinedärme waren von ihnen gelöst worden. Bei den Huren gab es einen Zusammenhalt wie in einer Familie. Vielleicht sogar stärker, weil keine von ihnen mehr eine leibliche Gemeinschaft ihr Eigen nennen konnte.

Vor ihnen marschierten die Soldaten. Ein bunter Zug aus Landsknechten, die ihr Hab und Gut geschultert hatten. Köche, Schmiede, Pferdejungen und Gesindel zogen sich in Schlangen über die weitläufigen Felder.

Elisabeth genoss diese Augenblicke. Die Sonne stand im Frühsommer bereits hoch am Himmel und küsste ihre Wangen mit glitzernden Strahlen. Sie raffte ihren Rock, damit die Sonne auch ihre Beine wärmte. Dann drehte sie ihren Kopf in das Innere des Gefährts. Bela schlief fest im Bett und ließ sich von dem ungleichmäßigen Ruckeln nicht aus ihren Träumen reißen.

Allem Anschein nach war die gestrige Nacht für sie kräftezehrend gewesen. Seit jenem Tag, als Major von Rosen ihr einen Schlag versetzt hatte, war sie wieder frei für die anderen Soldaten. Noch immer durften nur die Offiziere ihre Dienste in Anspruch nehmen, dennoch war sie jede Nacht bis in die Morgenstunden beschäftigt.

Kein Wunder, dachte Elisabeth, als sie diesen Engel mit den pechschwarzen Haaren musterte, der so zerbrechlich wirkte. Auch sie konnte sich über zu wenig Zulauf nicht beschweren. Bei ihr standen die Männer ebenfalls Schlange. Rosi konnte für sie den doppelten, teilweise dreifachen Preis verlangen. Elisabeth hatte somit ein hübsches Sümmchen anhäufen können, auch wenn sie nicht wusste, was sie mit dem Geld machen sollte. Hier mangelte es ihr an nichts. Sogar die Befriedigung der Soldaten hatte eine beruhigende Routine angenommen.

»Warum Viersen?«, wollte sie wissen, während sie die marschierenden Soldaten beobachtete.

Rosi atmete tief ein. »Ich kann es dir nicht sagen, Kind. Von Rosen sagte, dass sein Trupp die Vorhut bildet und Eberstein mit seiner Armee nachziehen wird.« Sie lächelte Elisabeth an. »Ich bin Frauenwirtin, keine Strategin. Wenn du eine Antwort haben willst, musst du nach Hessen reisen und die Landgräfin Amalia fragen, was sie mit ihren Truppen vorhat«, scherzte sie.

Elisabeth konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Trotzdem gefiel ihr nicht, was sie sah, als sie in einem ruhigen Moment in die Augen von Rosi blickte.

»Du siehst besorgt aus«, flüsterte Elisabeth ernst und lehnte sich zu ihr herüber. Diese Worte mussten nicht an Belas Ohren dringen, ob diese nun schlief oder nur ruhte.

»Ist das wirklich so offensichtlich?«, fragte Rosi und ließ die Zügel erneut auf die Rücken der Pferde schnalzen. »Mir gefällt das nicht, Elisabeth«, fuhr sie fort. »Major von Rosen bestand darauf, dass wir seinem Tross folgen.



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