Die Antwort kennt nur der Wind Roman by Johannes Mario Simmel

Die Antwort kennt nur der Wind  Roman by Johannes Mario Simmel

Autor:Johannes Mario Simmel [Simmel, Johannes Mario]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783426419212
Herausgeber: Knaur e-books
veröffentlicht: 2012-09-30T16:00:00+00:00


35

Er trug ein orangefarbenes Hemd mit blauen Streifen und eine grüne Krawatte an diesem Morgen. Es war warm in seinem Zimmer, die Luft verbraucht und schlecht, und unter den Achseln zeigte Gustavs Hemd große dunkle Flecken. Ich bemühte mich, nicht hinzusehen, aber ich sah deshalb natürlich besonders häufig hin.

»Was in Cannes passiert ist, weiß ich alles«, sagte Gustav. »Dieser Kessler hat gestern noch mit seinem Chef in Bonn, dem Friese, telefoniert. Eine Stunde lang, sagt der. Er hat einen Zerhacker in seinem Apparat, weißt du, Kessler und er konnten ungeniert sprechen. Seit zehn Jahren beantrage ich auch so ein Ding für meinen Apparat«, sagte er ärgerlich. »Kriege ich es? Kacke kriege ich. Mit diesen dämlichen Code-Telegrammen müssen wir arbeiten. Oder ich muß meine Leute hin- und herfliegen lassen. Also, nun hat man Kilwood, den Süffel, umgelegt. Soll ein ziemlich ekelhafter Anblick gewesen sein, wie?«

»O ja«, sagte ich, »ziemlich.«

Es war seltsam, wenn Gustav Brandenburg davon sprach, daß jemand anderer einen ekelhaften Anblick bot.

»Wer hat es getan?«

»Keine Ahnung. Sind die inzwischen nicht weitergekommen?«

»Nicht die Spur. Anwälte und Polizeibeamte und was weiß ich an Reportern sind in Cannes eingetroffen, aber die Polizei weiß einen großen Dreck. Und die französischen und amerikanischen Vertreter, die sie hinzugerufen haben, bemühen sich, das Ganze runterzuspielen.«

»Ja, das habe ich gehört«, sagte ich.

»Von wem – ach so. Tja, so ist das. Zu große Sache. Einer der reichsten Männer der Welt. Da sind sich alle einig: Vertuschen, was nur geht. Sie führen natürlich eine Untersuchung – nebbich. Ich möchte nicht in der Haut von diesem Lacrosse oder diesem Roussel stecken. Arme Hunde. Was sie auch rauskriegen, wenn man sie überhaupt ranläßt – es wird für die Katz’ sein. Die französischen und ein paar deutsche Zeitungen berichten heute früh über ein mysteriöses Verbrechen an einem amerikanischen Milliardär. Stellen das Ganze als gewöhnlichen Kriminalfall hin. Darauf haben sie sich also schon geeinigt. Wer, glaubst du, hat Kilwood umgebracht?«

»Jemand, der Angst hatte, daß Kilwood zuviel über den Tod Hellmanns erzählt. Kilwood muß eine Menge gewußt haben.«

»Ganz meine Meinung«, sagte Gustav. Popcorn sprühte aus seinem Mund, während er sprach. »Aber wie kann der Mörder an Kilwood rangekommen sein? Das Haus war doch bewacht, sagt Kessler.«

»Sie meinten, vielleicht war jemand die ganze Zeit im Haus versteckt und ist dann in der allgemeinen Verwirrung nach der Entdeckung des Mordes abgehauen.«

»Vielleicht. Vielleicht nicht.«

»Was heißt das?«

»Waren doch haufenweise Polizisten da, die das Haus bewacht haben, nicht? Ab und zu ging einer nachschauen. Kann jeder von ihnen gewesen sein.«

»Das ist verrückt!«

»Gar nicht.«

»Nein«, sagte ich ernüchtert. »Du hast recht. Gar nicht. Wenn man genug Geld geboten hat. Und das hätte man.«

»Eben. Jemand hat ja auch Viale umgebracht. Und noch zwölf andere Menschen, wenn Hellmann nicht Selbstmord beging.«

»Wenn Hellmann nicht Selbstmord beging, muß die Global fünfzehn Millionen bezahlen«, sagte ich. »Du hast mich doch losgeschickt, damit ich beweise, daß es unter allen Umständen Selbstmord war.«

Gustav biß an seiner Havanna herum und sah mich lauernd an.

»Was ist los? Hast du mich deshalb nicht losgeschickt?« fragte ich. »Klar«, sagte Brandenburg. »Aber man wird doch mal laut denken dürfen, nicht? Möglich ist in dieser Scheißgeschichte alles.



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