Deutschland, Verbrecherland?: Mein Einsatz gegen die organisierte Kriminalität (German Edition) by Egbert Bülles & Axel Spilcker

Deutschland, Verbrecherland?: Mein Einsatz gegen die organisierte Kriminalität (German Edition) by Egbert Bülles & Axel Spilcker

Autor:Egbert Bülles & Axel Spilcker [Bülles, Egbert]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Ullstein eBooks
veröffentlicht: 2013-10-10T22:00:00+00:00


Der Konzern der Diebe

Für Milo begann die Saison immer im Herbst, wenn die Tage kürzer wurden. Dann brach der Aushilfskellner mit seinen Kumpanen im belgischen Charlerois für einige Wochen seine Zelte ab und ging auf Einbruchstour – entweder nach Deutschland oder in die Schweiz, je nach Lust und Laune. Geld und Schmuck gab’s überall zu holen. Für Milo und seine Kumpels war der Herbst daher die goldene Jahreszeit. Auch wenn sie an ihre Roma-Clanchefs einen Teil der Beute abgeben mussten, reichte es, um die eigene Familie monatelang durchzubringen, es reichte zum Zocken – und um der Geliebten teure Geschenke zu machen.

Milos Freundin, die ihn in Köln beherbergte, wenn er einen neuen Streifzug an Rhein und Ruhr plante, war eine Frau mit feurigem Temperament. Irgendwann merkte sie, dass ihr Freund nebenbei auch noch eine Familie hatte: zwei kleine Kinder samt Gattin, die obendrein gerade wieder schwanger war. Wutentbrannt schwärzte die Geliebte ihren Freund bei der Kölner Polizei an. Milo sei ein Serieneinbrecher, der immer am späten Nachmittag zu seinen Klautouren aufbreche, berichtete die rachsüchtige Dame.

Die Polizei bildete eine Sonderkommission, Mitte Dezember 2010 erwischten die Ermittler den Mittdreißiger in einer fremden Wohnung; seine Komplizen konnten rechtzeitig flüchten. Laut Erkenntnissen der SOKO hatte Milo Dutzende von Einbrüchen begangen. Dem Familienvater drohte eine lange Haftstrafe.

Grund genug, sich mit einem Geständnis einen Rabatt zu erkaufen – möchte man jedenfalls meinen. Nicht aber bei Leuten wie Milo. Mehr noch als das Gefängnis fürchten sie die Rache der Sippen-Ältesten. Wer singt, so berichtete mir ein Strafverteidiger, der häufig Roma-Einbrecher vertritt, der muss mit drakonischer Vergeltung rechnen.

Normalerweise schweigen diese Ganoven also, die meist in Charleroi, Lüttich oder Straßburg zu Hause sind. Umso überraschender war für die Kripo, dass Milo nach sechsmonatiger Untersuchungshaft dann doch auspackte und dabei tiefe Einblicke in das Innere der Einbrechersippen gewährte. Sein Motiv: Er wollte nicht allein für alle Taten büßen. Schließlich sei man ja zu dritt unterwegs gewesen, meinte er. Zudem habe sein flüchtiger Kumpel »Ane« sein Versprechen gebrochen, sich um seine Familie zu kümmern. Seine Frau erwarte zu Hause in Charleroi das dritte Kind und stehe ohne Geld da, klagte der Aushilfskellner. Zu Hause wüssten alle, »dass wir Diebe sind und klauen gehen«, so Milo. »Im Oktober, November wird eine Gruppe gesucht, und man geht einbrechen.« Ein Kumpel habe zunächst die Schweiz als Zielgebiet vorgeschlagen, ein anderer aber Deutschland, »weil er dort die Häuser kannte«. Köln sei sehr beliebt, allein schon wegen der Nähe zu Belgien, aber auch wegen der »reichen Häuser«, wie Milo meinte – das habe ihm ein Freund gesagt. Dafür stehe dem Tippgeber ein Anteil an der Beute zu.

»Wie soll der Informant denn überprüfen, wo Sie überall eingebrochen sind?«, wollte der Vernehmungsbeamte wissen. Antwort: »Dies ist so bei Roma, weil man im Anschluss an die Taten in der Kirche auf seine Kinder schwören muss, in welche Häuser man eingebrochen ist und wie viel man rausgeholt hat.«

Für ihre Beutezüge meldete die Bande über einen Strohmann Autos an. Um keine Spuren zu hinterlassen, stülpten sich die Täter Handschuhe über. Ihre Billigschuhe warfen sie nach den Brüchen weg.



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