Der Turm von Babel by Morris L. West

Der Turm von Babel by Morris L. West

Autor:Morris L. West [West, Morris L.]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-01-18T23:00:00+00:00


Siebtes Kapitel

Tel Aviv – Jerusalem

Jakov Baratz hatte eine lange und ermüdende Auseinandersetzung mit dem Stabschef hinter sich. Er war mit seiner Geduld fast am Ende und mußte sich Mühe geben, seine gewohnte Objektivität zu wahren.

Der Stabschef war weniger zurückhaltend. Er war kurz angebunden und gereizt. »Um Himmels willen, Mann! Sie haben mir einen bis ins letzte ausgetüftelten Plan für eine Operation in Hebron geliefert, und jetzt wollen Sie alles über den Haufen werfen!«

»Ich will nur klarmachen, worum es geht. Heute sind wichtige Dinge geschehen. Wir hatten ein Land- und Luftgefecht mit den Syrern. Das geht morgen in Schlagzeilen durch die Weltpresse und wird zu Protesten bei der UNO führen. Die Syrer haben versucht, uns die Schuld an dem Massaker in Rumtha in die Schuhe zu schieben. Gott sei Dank haben die Jordanier in aller Öffentlichkeit die Syrer beschuldigt. Und jetzt reden wir davon, ein jordanisches Dorf in die Luft zu sprengen. Ich sehe darin keinen Sinn.«

»Der Premierminister und das Kabinett halten es immer noch für sinnvoll.«

»Dann, glaube ich, müssen wir ihnen Vernunft beibringen.«

»Wir sind die Armee, sie sind die Regierung. Wir tun, was man uns sagt.«

»Nein!« Baratz wurde wütend. »Diese These habe ich nie vertreten, und ich werde es auch jetzt nicht tun. Wir haben die gleichen Schlachten für die gleichen Ziele geschlagen. Wir haben hier etwas – im Augenblick jedenfalls –, was kein anderes Land aufweisen kann: Brüderlichkeit. Diese gemeinsame Bindung Israel. Je älter wir werden, je weiter wir heranwachsen, desto mehr wird sich das verlieren. Doch ich möchte, daß es erhalten bleibt, so lange es geht. Und der beste Weg dazu ist, an der alten Mapai-Tradition festzuhalten: freie Rede und freier Gedankenaustausch über alle Probleme – politische, wirtschaftliche, religiöse, militärische. Ich will nicht, daß die Armee das Land regiert. Aber ich will auch nicht, daß die Armee zum passiven Werkzeug der Macht wird. Sie wollen das ebensowenig. Wenn wir nicht mehr zusammen über Fragen, die uns alle angehen, diskutieren dürfen, dann können Sie meinen Abschied haben.«

Das war die schärfste Äußerung, die man je von ihm gehört hatte. Er war überrascht von seiner eigenen Heftigkeit.

Auch der Stabschef war überrascht. Er sagte: »Ich hatte keine Ahnung, daß Sie das so sehr bewegt, Jakov.«

»Sind Sie nicht der gleichen Ansicht?«

»Nicht ganz.« Der Stabschef fuhr sich mit den Fingern durch das gelichtete Haar. »Aber ich sitze auf einem anderen Stuhl. In gewisser Weise bin ich auch Politiker. Ich habe täglich mit den Ministerien zu tun. Wahrscheinlich habe ich, ohne es zu merken, etwas von deren Geisteshaltung angenommen.«

»Aber nein!« Baratz sah ihn mit einem etwas verlegenen Lächeln an. »Bei unserer ersten Besprechung in Jerusalem haben Sie sehr deutlich Ihre Meinung gesagt. Wie war das noch …? ›Die Armee als Propagandawaffe … Tote, um die Lebenden zufriedenzustellen‹ – war es nicht so?« Er lehnte sich zurück und streckte entschuldigend und gleichsam flehend die Hände aus. »Sehen Sie, ich bin kein Rebell. Und ich habe an der ganzen Sache kein privates Interesse. Aber wir beide wollen doch das gleiche: den bestmöglichen Ausgang für das Land. Das



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