Der Sommer, als wir reich wurden by dtv

Der Sommer, als wir reich wurden by dtv

Autor:dtv
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Kinder- und Jugendbücher/Kinderbücher bis 11 Jahre
Herausgeber: dtv


»Was ist denn los?«, fragt Frida und Papa sieht mich besorgt an.

»Der Bus ist aufgebrochen worden!«, stammle ich. »Da war jemand in unserem Bus.« Ich zeige mit zittriger Hand auf die offene Schiebetür.

Tante Affrica ist zuerst am Bus. Sie legt den Finger auf die Lippen und winkt Papa zu sich, ohne den Blick von der Tür zu lassen. »Falls der Einbrecher noch im Wagen ist und fliehen will«, flüstert sie, »dann stößt du ihn zu Boden und ich fessle ihn.«

»Was stellst du dir vor«, zischt Papa ärgerlich. »Was, wenn er eine Waffe hat? Ich bin Musiker von Beruf und nicht Held.«

»Du willst ihn also laufen lassen?«, stöhnt Tante Affrica. »Mit all unseren Sachen.«

»Mir würde so ein kleiner Schuss nichts anhaben«, sagt Frau Dentelly. »Schließlich bin ich unsichtbar.« Und während ich noch bezweifle, ob ich das Wort unsichtbar eben wirklich aus ihrem Mund gehört habe, zieht sie ihren Rock ein Stück übers Knie und setzt einen Fuß in den Bus.

»Halt, nicht!«, rufe ich, aber aus meinem Mund kommt nur ein trockenes Flüstern.

Im selben Moment klopft Tante Affrica mit der flachen Hand auf die Seitenwand, dass es hallt.

»Hallo, jemand da?«, ruft sie.

Ich halte die Luft an. Es bleibt still. Kein Schuss, nichts. Nur mein Herz klopft mir bis zum Hals.

»Entwarnung, der Einbrecher ist längst enttäuscht abgezogen«, seufzt Tante Affrica erleichtert. »Bei uns ist nichts zu holen, da hat der Arme Pech gehabt.«

»Und deine Handtasche, Affrica?«, fragt Frida leise. Ich sehe mich nach ihr um, Frida wirkt noch schmaler als sonst. Ein Einbruch ist wohl selbst für die weitgereiste Frida etwas Besonderes … und das ist zum ersten Mal was Sympathisches an ihr.

»Die hab ich bei mir, Liebes«, sagt Tante Affrica. »Zum Glück!«

»Immerhin, so ist wenigstens die Urne in Sicherheit!«, sagt Papa. »Das ist das Wichtigste! Es wäre nicht auszudenken, wenn so ein Einbrecher, nachdem er sonst nichts Wertvolles findet, sich nichts wissend die Urne nimmt …« Plötzlich hält er inne und sieht Tante Affrica forschend an. Die steht seit seinen letzten Worten stocksteif und mit großen Augen neben ihm und sagt keinen Mucks.

»Affrica?«, sagt Papa, als ahnte er bereits Schlimmes. »Du hast sie doch noch in deiner Handtasche?«

Stumm und wie in Zeitlupe schüttelt Affrica den Kopf. Dann dreht sie sich plötzlich auf dem Absatz um und krabbelt und stolpert hektisch in den Bus.

»Hast du sie etwa nicht?«, rufe ich und drängle mich zwischen Papa und Frida. Und plötzlich bin ich mir sicher, dass es genau darum in dem Telefonat heute Nacht ging. Jemand hat den Auftrag bekommen, die Urne zu stehlen, und jetzt, als wir einen Moment nicht am Auto waren, hat er es getan. Wer auch immer Interesse an einem Topf Asche hat – Hannos Verwandtschaft bestimmt nicht. Aber ohne Asche können wir das Ganze abblasen und gleich wieder nach Hause fahren.

»Ich habe die Urne hier hinein zu den anderen Sachen gestellt«, japst Tante Affrica, während sie sich auf die Sitzbank kniet und ihre Arme nach einem kleinen Schränkchen ausstreckt. »Ich dachte, da wäre sie gut aufgehoben.« Als sie sich zu uns umdreht, hält sie strahlend die Urne in Händen.



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