Der Schneesturm by Vladimir Sorokin

Der Schneesturm by Vladimir Sorokin

Autor:Vladimir Sorokin [Sorokin, Vladimir]
Die sprache: deu
Format: mobi
ISBN: 9783462306101
Herausgeber: eBook by Kiepenheuer&Witsch
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


– dabei brannte sein Gesicht rot, und die Riesenohren schlackerten …

Awdot und Wjachir waren sich dann noch des Geldes wegen in die Haare geraten. Wjachir hatte Awdot eine gelangt, worauf der sauer wurde und Pokrowskoje verließ, ohne das Ende der Arbeiten abzuwarten. Und wenn man den alten Weibern glauben wollte, hatte er noch den ganzen Weg von Pokrowskoje nach Borowki Blut gespuckt. Die Kaufleute von Pokrowskoje nahmen Awdots Abgang zum Anlass, den Großmenschen ein Drittel weniger zu zahlen. Worauf die sich rächten und dem Kaufmann Bakschejew in der letzten Nacht den Brunnen vollschissen. Drei Tage hatte man zu tun, den Brunnen zu reinigen, eimerweise wurde die Scheiße der Großwüchsigen ausgeräumt …

Endlich gelang es dem Krächz, das Nasenbein durchzuhauen. Die festklemmende Kufe war nunmehr zu sehen. Doch so sehr die beiden Männer auch rüttelten, sie bekamen die Kufe nicht aus dem Nasenloch heraus.

»Die Kufe hat die Oberkieferhöhle durchstoßen und sich dort verkeilt«, stellte der Doktor nach eingehender Betrachtung fest. »Hack mal da, weiter oben!«

Der Krächz warf die Handschuhe zur Seite, spuckte in die Hände und begann den Augenbrauenbogen zu zerhacken. Der Knochen erwies sich als ausnehmend dick und hart. Tiefer und tiefer drang der Krächz vor, zweimal musste er zwischendurch verschnaufen. Die unter dem Beil hervorspringenden Knochensplitter glänzten weiß im Mondlicht.

Dem Doktor fiel der Lieblingsspruch seines Urgroßvaters ein: Wo gehobelt wird, da fallen Späne.

In den Reden des alten Garin, einst Buchhalter von Beruf, war des Öfteren die sogenannte Stalinzeit vorgekommen, in der dieses Sprichwort beliebt gewesen sei, bei den Mächtigen ebenso wie beim Volke.

Als der Knochen beinahe ganz durchgehackt war, flogen keine weißen Splitter mehr, sondern grünliche.

Aha, schlussfolgerte der Doktor mit fachmännischem Blick: eine Kiefernhöhlenentzündung. Anscheinend ein Streuner. Im Gehen gesoffen. Gestürzt, eingepennt. Und dann erfroren.

»Russland«, murmelte er, und ihm fiel ein, wie er einem Großmenschen einmal einen Leistenbruch behandelt hatte.

Das war in Repischnaja gewesen, wo sie den Mann für Erdarbeiten in Dienst genommen hatten. Mit seiner Riesenschaufel schachtete er eine Grube, anschließend sollte er eine Scheune versetzen, dabei hob er sich den Bruch. Als Garin und drei freiwillige Helfer darangingen, ihm den Bruch zu richten, hob der Hüne zu jaulen an, verbiss sich in die Ketten, mit denen man ihn zu Boden zwang, und brüllte: »Lieber nicht! Lieber nicht!« Der Bruch wurde erfolgreich kuriert.

»Das warn Stück Arbeit, mein lieber Mann …«

Erschöpft richtete der Krächz sich auf, nahm die Mütze vom Kopf und wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht.

»Fürwahr.« Eben war eine Wolke vor den Mond gerutscht, sodass der Doktor nur mit Mühe den hellen Streif der Kufe in der klaffenden Kerbe im Kopf ausmachen konnte. Das vom Beil verunstaltete Gesicht wirkte monströs.

»Stoßen wir zurück?« Der Krächz warf das Beil unter den Bock und stemmte sich gegen den Bug des Mobils.

Der Doktor legte sich von der anderen Seite ins Zeug. »Und hopp!«

Mit Schnalzen, Prusten und allerlei Lockrufen brachte der Krächz die Pferde zum Rückwärtsgehen, und tatsächlich rutschte das Mobil aus dem Kopf des Riesen.

»Na Gott sei Dank!«, seufzte der Doktor erleichtert.

Der Krächz indes, der auf die Knie gegangen war und die Kufe betastete, fluchte.



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