Der Rote Sarg by Sam Eastland

Der Rote Sarg by Sam Eastland

Autor:Sam Eastland [Eastland, Sam]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 3426418010
Herausgeber: Verlagsgruppe Droemer...
veröffentlicht: 2013-05-26T17:00:00+00:00


Pekkala sah Kropotkin hinterher, als der die Straße überquerte und im Regendunst verschwand.

Dann ging er in sein Büro zurück.

Eine Stunde später, nachdem Kirow immer noch nicht zurückgekehrt war, wurde er allmählich nervös. Es hatte im vergangenen Jahr so viele Verhaftungen gegeben, dass sich keiner mehr sicher fühlen konnte, gleichgültig, welchen Rang er einnahm oder wie unschuldig er war. Kirow mit seinem Idealismus war ein glühender Verfechter des Staates und seiner Gesetze, genau aus diesem Grund aber konnte er leicht selbst der Willkür zum Opfer fallen, mit der diese Gesetze angewendet wurden. Pekkala hatte es oft genug erlebt – je stärker die Überzeugungen, umso größer unterschied sich die Welt, wie sie in der Vorstellung sein sollte, von der wirklichen Welt.

Gleichzeitig wusste Pekkala, dass Kirow es als mangelndes Vertrauen auffassen würde, sollte er sich jetzt auf die Suche nach ihm begeben.

Also wartete er weiter im Büro, auch, als sich bereits die abendlichen Schatten ins Zimmer legten. Bald darauf saß er in vollkommener Finsternis. Mittlerweile wäre es sinnlos gewesen, wenn er sich noch auf den Nachhauseweg gemacht hätte, also legte er die Füße auf den Schreibtisch, faltete die Hände auf dem Bauch und versuchte zu schlafen.

Es gelang ihm nicht, also lief er auf und ab und betrachtete Kirows Topfpflanzen. Hin und wieder blieb er stehen, pflückte sich eine Kirschtomate oder kaute auf einem Basilikumblatt herum.

Schließlich, als es nur noch eine Stunde bis Sonnenaufgang war, zog Pekkala den Mantel an, verließ das Gebäude und schlug den Weg zu Kirows Wohnung ein.

Es war ein langer Weg, fast eine Stunde ging er durch die gewundenen Straßen. Er hätte die Strecke in zehn Minuten mit der U-Bahn zurücklegen können, aber Pekkala zog den oberirdischen Weg vor – trotz der Tatsache, dass es keine verlässlichen Straßenkarten gab. Die einzigen verfügbaren Karten zeigten Moskau entweder vor der Revolution oder wie die Stadt aussehen sollte, wenn alle Neubauprojekte abgeschlossen wären. Die meisten davon waren noch nicht einmal begonnen worden, und so gab es auf diesen Karten ganze Straßenzüge, die keinerlei Ähnlichkeit mit dem hatten, was tatsächlich an Gebäuden noch stand. Viele Straßen waren umbenannt worden, genau wie viele Städte im Land. Petrograd hieß jetzt Leningrad, aus Zarizyn war Stalingrad geworden. Wie die Moskowiter sagten: Alles ist anders, aber eigentlich hat sich nichts geändert.

Pekkala ging gerade am Gorki-Park entlang, als ein Wagen, ein schwarzer GAZ-M1, neben ihm hielt. Er war noch nicht ganz zum Halt gekommen, als die Beifahrertür aufflog und ein Mann heraussprang.

Ohne nachzudenken, zog Pekkala seinen Revolver.

Im nächsten Moment sah der Mann in den Lauf von Pekkalas Waffe.

Der Mann trug eine Nickelbrille, die auf einer langen, dünnen Nase saß. Seine Bartstoppeln legten einen bläulichen Schatten über die teigige Haut. Das Gesicht hatte für Pekkala etwas von einer Ratte.

Die wütende Entschlossenheit, die sich eben noch in der Miene des Mannes abgezeichnet hatte, verwandelte sich in ungläubiges Erstaunen. Langsam hob er die Hände. »Das werden Sie bereuen, Genosse«, sagte er leise.

Erst jetzt bekam Pekkala ihn richtig zu sehen. Trotz der Zivilkleidung wusste Pekkala sofort, dass der andere zum NKWD gehörte. Es



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