Der Nobelpreis by Eschbach Andreas

Der Nobelpreis by Eschbach Andreas

Autor:Eschbach, Andreas [Eschbach, Andreas]
Die sprache: deu
Format: epub, mobi
veröffentlicht: 2012-03-09T23:00:00+00:00


In Stockholm kurvte ich eine Weile auf der Suche nach einer Apotheke mit Notdienst herum, die mir etwas Stärkeres verkaufte als Aspirin, und kam völlig erledigt in die Pension zurück. Ich hätte gern zwanzig Stunden am Stück geschlafen statt der zwei oder drei, die von dieser Nacht noch übrig waren. Ich hätte mich gerne nicht so fiebrig, erschöpft und aufgedreht gefühlt. Aber lieber als all das hätte ich gern einen ruhigen Moment gehabt, um einmal gründlich nachzudenken, statt von einem Alarm zum nächsten zu hetzen.

Als ich die Tür aufschloss, sah ich noch eine nackte Frau von der Toilette quer über den Flur huschen und im dritten Zimmer verschwinden. Zurück blieb ein leises, erschrockenes »Förlåt!« und ein durchdringender Geruch nach Sex.

Irgendwie war es dieser Geruch, der meine Kopfschmerzen vollends zum Durchdrehen brachte. Ich warf ein, was ich hatte, stellte den Wecker ein Stück weiter vom Bett weg und verkroch mich unter die Decke. Die Klamotten behielt ich an, denn die Decke war dünn, und die Heizung kam nicht gegen das abgeklebte Loch in der Scheibe an, das die ganze Wärme auf die Straße entweichen ließ. Diesmal war es ein unruhiger Halbschlaf voller Polizeisirenen, Blaulicht und Hunden, die nach Sprengstoff schnüffelten, aus dem ich schweißgebadet erwachte.

Allerdings war es nicht mein Wecker gewesen, der mich geweckt hatte, sondern ein lautstarker Streit draußen auf dem Flur. Eine keifende Frauenstimme, eine jammernde Männerstimme, und es nahm kein Ende. Ich äugte auf das Zifferblatt. Verdammt, das waren keine zwei Stunden Schlaf gewesen! Ich zog mir die Decke über den Kopf, was überhaupt nichts half. Schließlich wälzte ich mich übellaunig aus dem Bett und tappte – angezogen war ich schließlich noch – hinaus auf den Flur.

Doch es waren gar nicht die beiden Sexakrobaten, die miteinander stritten. Als ich die Tür öffnete, stand ich genau zwischen Frau Granberg, der Vermieterin, und Tollar, meinem bärtigen Zimmernachbarn mit dem totalen Durchblick, was die Pläne Satans anbelangte.

»Entschuldigung«, sagte ich, und da das nichts half, hob ich die Hand und wiederholte es noch einmal, nur lauter.

Himmel, diese Kopfschmerzen!

Die beiden Streithähne hielten inne. Das tat gut. Ich fragte, worum es ginge und ob es unbedingt hier und jetzt ausgetragen werden müsse.

»Es tut mir Leid, Herr Forsberg«, sagte die Vermieterin unerbittlich, »aber es wird erst vorbei sein, wenn Herr Liljekvist hier seine Sachen gepackt und meine Pension verlassen hat.«

»Aber wo soll ich denn hin?«, jaulte Tollar auf. Seine Augen rollten wild und gaben ihm zusammen mit seinem Bart ein geradezu rasputinhaftes Aussehen.

»Ah ja?«, meinte ich, mir die Schläfen massierend. »Warum das denn?« Ich verstand überhaupt nichts mehr. War er es am Ende gewesen, der heute Nacht …?

Glücklicherweise gab mir Frau Granberg unverzüglich das Vertrauen in meine Menschenkenntnis zurück. »Herr Liljekvist schuldet mir die Miete für inzwischen vier Wochen. Vier Wochen. Es tut mir Leid, aber was zu viel ist, ist zu viel. Ich bin kein Wohlfahrtsunternehmen. Ich bin auf das Geld angewiesen.«

Ein neuer Mieter? Das war das Letzte, was ich jetzt gerade brauchen konnte. Zu allem Überfluss ging in diesem Moment mein Wecker los, was meine Kopfschmerzen wieder auf Touren brachte.



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