Der Mord an Harriet Krohn (German Edition) by Fossum Karin

Der Mord an Harriet Krohn (German Edition) by Fossum Karin

Autor:Fossum, Karin [Fossum, Karin]
Die sprache: deu
Format: epub, azw3, mobi
ISBN: 9783492950664
Herausgeber: Piper ebooks
veröffentlicht: 2010-09-30T22:00:00+00:00


ER LIEST Julies Wünsche und Bedürfnisse, ehe sie sie aussprechen muß. Er ist ihr die ganze Zeit eine Sekunde voraus, hellwach, bereit. Sie reitet, und er sieht genau den Moment, wo es ihr zu warm wird, und ehe sie rufen kann, stürzt er vor und nimmt ihr die Jacke ab. Er sieht, wenn Crazy müde ist und nicht mehr will, und dann bringt er die Peitsche, damit sie das Pferd wieder in Gang bringen kann. Er weiß, wann sie Durst hat, dann bringt er ihr zu trinken. Er sitzt auf einem Stuhl hinten in der Reithalle, die gelbe Decke über den Knien, sitzt da wie eine treue alte Ehefrau. Davor aber erledigt er seine eigene Arbeit. Er repariert und dreht und streicht an, er wechselt zerbrochene Fensterscheiben aus, er fährt Futter in den Schuppen, er fährt Pferdemist weg. Er füttert, er überprüft Wassertröge und Beleuchtung, dreht neue Glühbirnen rein und stellt Mausefallen auf. Er fegt im Stallgang und schippt auf dem Platz vor der Reithalle Schnee. Er streut Sand, einen breiten Streifen vom Stall und weiter, damit die Pferde nicht ausrutschen und sich die Beine brechen. Jeden Tag um drei wartet er im Auto vor der Schule. Julie kommt bei jedem Wetter, Julie stürzt sich in die Arbeit, Crazy soll die schwierigen Übungen meistern. Soll seinen riesigen muskulösen Körper dazu bringen, ihrem leisesten Wunsch zu gehorchen. Charlo stellt Hindernisse für sie auf, er hält den Atem an, wenn das Pferd auf das Ziel zugaloppiert, ist mit dem ganzen Körper dabei, möchte ihr hinüberhelfen. Die Landung ist unsanft. Julie klammert sich mit den Waden fest, wieder und wieder fegt sie hinüber. Er genießt diese Tage, er schaut nicht zurück. Er ist erfüllt von einer tiefen Freude darüber, daß er einige glückliche Tage erleben darf.

Es ist Januar und kalt. Julie reitet im Thermoanzug, Crazy bekommt keine Wärme in seinen großen Körper, er ist steif und unwillig. Julie ist erschöpft. Charlo versucht, sie zum Aufgeben zu bewegen.

»Bring ihn in die Box«, sagt er. »Heute können wir uns mit Saubermachen begnügen. Und du nimmst dir einen Tag frei. Es macht doch nichts, wenn er mal einen Tag nur dasteht.«

Wütend schüttelt sie den Kopf.

»Kommt nicht in Frage. Pferde müssen laufen«, sagt sie energisch. »Sie müssen jeden Tag laufen.«

Er lobt und ermuntert, er tröstet, wenn sie klagt. Er tut Buße für all seine Sünden. Und sie klammert sich an ihn wie früher als kleines Kind. Meine Tochter, denkt er, die schöne Rothaarige, meine Tochter, die Tierärztin.

An einem solchen eiskalten Tag im Januar passiert ihm erneut etwas Seltsames. Etwas Beängstigendes und Unbegreifliches. Er hilft Julie beim Ausmisten. Eifrig ist er mit der Mistgabel am Werk, spürt, daß er Muskeln in den Armen hat. Und wo er schon dabei ist, mistet er auch in der Nachbarbox aus. Und in der daneben, die Späne fliegen nur so auf. Die Karre füllt sich und ist vom Pferdemist bleischwer. Er wischt sich den Schweiß von der Stirn, merkt, daß sein Hemd auf seinem Rücken kalt ist. Er öffnet die Luke. Holt die Karre, packt sie an den Griffen und schiebt sie durch den Gang.



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