Der Gesang der Stille by Andreas Eschbach

Der Gesang der Stille by Andreas Eschbach

Autor:Andreas Eschbach [Eschbach, Andreas ]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Der Sechste Bote, Perry Rhodan, Science Fiction
Herausgeber: Pabel-Moewig Verlag GmbH
veröffentlicht: 1998-09-22T01:00:00+00:00


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Bin ich überhaupt noch zu Hause bei den Menschen? Diese Frage war irgendwann aufgetaucht und mäanderte seither durch seine Gedanken, bohrte sich hinein in alles, was er glaubte zu sein, und ließ sich nicht mehr vertreiben.

Skill blickte zurück, hinauf zu den zwei Pyramiden oben auf dem Berg, die sich wie leuchtende Mahnmale vor dem dunklen Himmel in die Höhe reckten. Ausgerechnet Pyramiden. Als habe das Schicksal vorgehabt, ihn an seine Kindheit zu erinnern. Als wolle es ihm zeigen: Hier, hier bist du zu Hause!

Aber er war hier nicht zu Hause. Auch wenn die Korrago Hybridwesen waren, ähnlich, wie er eines sein würde, sobald das DagöerSyndrom sein Werk vollendete. Auch wenn er sie verstehen konnte sie würden ihn niemals verstehen. Er mochte neidvoll auf ihre kollektive, geradezu brüderliche Existenzform schauen er würde niemals ein Teil davon sein können.

Und die Signale tanzten und zuckten über den Bildschirm...

Plötzlich, ohne daß er hätte sagen können, wieso, schien sich etwas in seiner Wahrnehmung zu verschieben. Es war, als zöge jemand einen Schleier von seinen Augen. Die Pausen. Es waren die Pausen zwischen den Signalen, die die Bedeutung transportierten, nicht die Signale selbst.

Nicht, daß er die Bedeutung der Botschaften verstanden hätte, das nicht. Aber plötzlich sah er ungeahnte Schönheit, verborgene Harmonie in den flimmernden Lichtern auf dem Bildschirm. Wie eine Melodie, die aus den Zwischenräumen zwischen den Noten besteht. Als hätte er die ganze Zeit die ziehenden Wolken betrachtet und jetzt erst gemerkt, daß dahinter, ewig und unvergänglich, der blaue Himmel war und daß er es war, auf den es ankam. Schönheit. Ein fremdartiger Akkord. Ein Akkord der Stille. Einklang, ewig, befreiend. Ein maschinelles Wesen war frei. Es kannte kein Wollen, kein Müssen, keine Leidenschaften und kein Begehren. Es gab nur die Kühle der Logik, es gab nur schlichte Klarheit. Einen Himmel ohne Wolken.

Skill Morgenstern starrte die tanzenden Signalmuster auf dem Bildschirm seines Universalkommunikators an und fühlte sich von einem unerklärlichen Frieden erfüllt.

Vielleicht, dachte er, war er nach Lokyrd gekommen, um hier zu sterben.

Der Zug bog in den Kreisverkehr ein, der rund um den Herzdom herumführte. Die Wände des zentralen Bauwerks ragten gerade und glatt und ohne das geringste Merkmal in die Höhe und schimmerten wie aus einem unerhört wertvollen Material gemacht.

Irgend etwas war mit Skill geschehen. Reginald Bull war sich nur noch nicht darüber im klaren, ob es etwas Gutes oder etwas Schlechtes war. Der junge Terraner wirkte mit einemmal nicht mehr so verquält und grüblerisch wie bisher, sondern schien plötzlich friedlich und eins mit sich und der Welt zu sein. Ein wenig zu friedlich für Bulls Geschmack.

So mochte man nach einigen Monaten der Meditation dreinschauen, aber nicht während eines gefährlichen Einsatzes mitten in feindlichem Gebiet. „Wir könnten zwischen den Schienen hinunterspringen", schlug Skill in diesem Moment vor, kühn am Rand des Containerdachs stehend. „Dort unten gibt es bestimmt Zugänge in den Herzdom."

Bull trat neben ihn und sah hinab in die unergründliche Tiefe unterhalb der Schienen. Mindestens so unergründlich wie das Herz eines anderen Menschen. „Nein", sagte er. „Das ist zu riskant."

„Ich bin mir sicher, daß ich einen Zugang finde", erklärte der TLDAgent selbstbewußt.



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