Der dunkle Schirm by Philip K. Dick

Der dunkle Schirm by Philip K. Dick

Autor:Philip K. Dick [Dick, Philip K.]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2006-07-28T22:34:12+00:00


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Fred saß in seinem Jedermann-Anzug vor dem Holo-

Schirm von Monitor Zwei und betrachtete teilnahmslos die in rascher Folge vor seinen Augen wechselnden Bilder. Im Kontroll-Zentrum waren noch weitere Beobachter mit der Durchsicht holografischen Bildmaterials beschäftigt, das die an allen möglichen anderen Orten in-245

stallierten Kameras hierher übermittelt hatten. Meist handelte es sich um Aufzeichnungen. Fred jedoch betrachtete eine Live-Übertragung gerade jetzt ablaufender Ereignisse; zwar zeichnete das ihm zugewiesene Gerät auch auf, aber er hatte das Speicherband mit einer besonderen Schaltung umgangen, damit die Bilder, die eben in diesem Moment aus Bob Arctors angeblich so herunter-gekommenem Haus übertragen wurden, gleichzeitig auch auf den Holo-Schirmen erschienen.

Im Innern des Hologramms saßen – in naturgetreuen

Farben und mit sehr guter Auflösung – Barris und Luckman. Barris kauerte im besten Wohnzimmersessel und

beugte sich über eine Hasch-Pfeife, an der er schon seit Tagen herum werkelte. Er umwickelte den Kopf der Pfeife in endlosen Lagen mit weißem Bindfaden; er konzentrierte sich so sehr auf diese Arbeit, daß sein Gesicht zu einer Maske erstarrt war. Am Kaffeetisch hockte Luckman über einer Portion Swanson’s Hühnchen-

Schlemmermahl für frohe Fernsehstunden, die er in gro-

ßen Bissen herunterschlang, während er sich einen Western im Fernsehen ansah. Vier Bierdosen, allesamt leer, lagen auf dem Tisch, von seiner mächtigen Faust zer-quetscht; gerade griff er nach einer fünften, noch halb-vollen Dose, warf sie um, verschüttetete das Bier, packte sie und fluchte. Bei diesem Fluch schaute Barris auf, betrachtete ihn wie Mime im Siegfried und nahm dann seine Arbeit wieder auf.

Fred beobachtete weiter.

»Scheiß Sparprogramm«, gurgelte Luckman, den

Mund vollgestopft mit Essen, und dann, ganz plötzlich, 246

ließ er den Löffel fallen und kam stolpernd auf die Füße, wankte, drehte sich zu Barris um, beide Hände erhoben, gestikulierend, aber ohne etwas zu sagen. Sein Mund stand offen, und halbzerkautes Essen fiel heraus, auf seine Kleider, auf den Boden. Die Katzen kamen gierig her-angestürzt.

Barris hielt in seiner Arbeit an der Hasch-Pfeife inne, blickte auf, musterte den unglücklichen Luckman. Der verfiel regelrecht in Raserei, gurgelte jetzt noch viel schrecklicher als zuvor und fegte mit einer Hand die Bierdosen und das Essen vom Kaffeetisch; alles klapper-te zu Boden. Die Katzen hetzten erschrocken davon. Immer noch saß Barris da, Luckman starr anglotzend.

Luckman schwankte ein paar Schritte in Richtung Kü-

che; er geriet jetzt in den Aumahmebereich der dort in-stallierten Kamera, und auf einem der anderen Holo-

Schirme vor Freds schreckgeweiteten Augen erschien ein Bild davon, wie Luckman im Halbdunkel der Küche zu-nächst blind nach einem Glas tastete und dann versuchte, den Kran anzudrehen und das Glas mit Wasser zu füllen.

Am Monitor sprang Fred auf; betäubt sah er auf Monitor Zwei, daß Barris, der noch immer ruhig im Sessel saß, zu seiner alten Beschäftigung zurückkehrte und sorgfältig immer mehr Bindfaden um den Kopf einer Hasch-Pfeife wand. Barris schaute nicht wieder auf; Monitor Zwei zeigte ihn wieder ganz in seine Arbeit vertieft.

Aus den Lautsprechern klirrten die berstenden und rö-

chelnden Geräusche der Agonie; das erstickte Würgen eines Menschen und der scheppernde Lärm von Gegenständen, die zu Boden polterten, weil Luckman in dem 247

verzweifelten Versuch, Barris’ Aufmerksamkeit zu erregen, Töpfe und Pfannen und Geschirr und Besteck um

sich schleuderte.



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