Der Bund der Drachenlanze 09 - Stahl und Stein by Ellen Porath

Der Bund der Drachenlanze 09 - Stahl und Stein by Ellen Porath

Autor:Ellen Porath [Porath, Ellen]
Die sprache: deu
Format: epub


Kapitel 6

Zauberer und Freund

Zornige, blaue Augen spähten aus einem Eingang gegenüber auf Kitiara und Caven. Eine im schwachen Licht aschgraue, weite Wollrobe mit Kapuze verbarg den Rest der Frau. Kai-lid Entenaka hatte Kitiara Uth Matar unbemerkt verfolgt, seit die Kriegerin am frühen Abend mit den drei Männern die Bardenvorstellung verlassen hatte. Aber Kälte und Nässe machten Kai-lid nichts aus, denn ihre magische Robe hielt beides von ihr ab. Ihre Finger spielten mit der Seidenschnur um ihren Bauch. Natürlich hätte sie einen Lichtzauber sprechen können, um zu sehen, was das Paar da drüben im Eingang tat, doch solche Beleuchtung brauchte Kai-lid nicht. Erinnerungen an ähnliche Momente in ihrer Ehe überfielen sie. Seit dem Ende der Ehe versuchte sie solche Erinnerungen zu verdrängen, aber sie kamen ungebeten zurück, meist bei Nacht.

Sie schüttelte leicht den Kopf, um die ungerufenen Gedanken zu vertreiben. »Und der Halbelf, Hauptmann Uth Matar?« flüsterte sie in sich hinein.

Kai-lid wartete geduldig, bis der Regen nachließ und die beiden Gestalten herauskamen, wobei sie ihre Kleider zurechtzogen und das regennasse Haar mit den Fingern durchkämmten. Geschützt vom Umhang des Mannes gingen sie eng aneinandergedrängt gemeinsam in die Nacht. Die Zauberin wartete, bis sie fort waren, und überquerte dann die Straße. Ihre Finger durchsuchten die Steine und den Schmutz auf dem Boden vor dem Haus. Die Bodenziegel waren noch warm, doch sie fand keine weitere Spur von dem Paar. Gerade als sie aufgeben wollte, kullerte etwas Kleines, Hartes unter ihrer Hand hervor. Jetzt sprach sie doch einen Lichtzauber, woraufhin ein blaßgrüner Schein den Eingang beleuchtete und ihre zarten, eichenbraunen Züge zu sehen waren. Wieder suchte sie, bis sie einen dunklen Knopf fand. Wahrscheinlich war er aus Schildpatt; der Polierer hatte es nicht geschafft, die Unebenheiten des Panzers zu glätten.

Der Knopf war klein, aber wenn er Kitiara Uth Matar oder dem Mann gehörte, würde das der Zauberin reichen. Sie hielt ihn fest, während sie durch die dunklen Straßen huschte, sich in die Schatten drückte und niemandem begegnete.

In der Schwärze der Nacht hätte eine gewöhnliche Frau langsamer gehen müssen, doch Kai-lids Magie half ihr, den Weg zu beleuchten, als sie die Stadt hinter sich ließ und sich in nordöstllicher Richtung von Haven entfernte. Sie achtete nicht auf das Unterholz um sie herum. Obwohl Kai-lid keine mächtige Zauberin war, hatte sie Tricks parat, um sich notfalls in Sicherheit zu bringen. Der Regen machte ihr nichts aus, denn die Blätter hoch über ihrem Kopf bildeten ein dichtes Dach.

Der Pfad wurde steiniger und schmaler, denn je weiter sie lief, desto weniger war er ausgetreten. Er führte in den Düsterwald, wohin sich selten jemand wagte.

Die Nähe des Düsterwalds und sein erschreckender Ruf waren aus Kai-lid Entenakas Sicht ideal für ihre Einsiedlerei. Einmal pro Woche wanderte sie die zwei Meilen von ihrer Höhle nach Haven, um die Kräuter zu verkaufen, die sie sammelte, oder Sachen zu besorgen, die sie brauchte. Sie war anspruchslos.

Kai-lid führte ein ruhiges Leben am Waldrand. Für die zahlreichen Waldbewohner war sie keine Gefahr, und diese Unschuld garantierte ihrer Meinung nach ihre Sicherheit. Als sie ankam, hatten die Bewohner des dunklen Waldes sich zurückgehalten.



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