Der Blumenkrieg by Williams Tad

Der Blumenkrieg by Williams Tad

Autor:Williams, Tad [Williams, Tad]
Die sprache: deu
Format: epub, azw3, mobi
veröffentlicht: 2013-01-24T05:00:00+00:00


Runter von der Straße, du Strohkopf!« schrie jemand. Stracki Nessel riß sich von dem blinkenden blauen Licht an der Stange los. Ihm war, als ob es auch hinter seinen Augen blinkte – ein sehr merkwürdiges Gefühl. Und um alle Dinge flirrten kleine Lichtstreifen, sogar um die große schwarze Kutsche, die mitten auf der Kreuzung angehalten hatte und deren Fahrer ihm jetzt mit der Faust drohte und aus dem heruntergelassenen Fenster brüllte: »Geh wieder heim nach Erle!«

»Aber ich bin gar nicht aus …« Stracki schüttelte den Kopf. Die Verkehrsampel schien immer noch in seinen Augen zu sein, selbst wenn er zu Boden schaute. Erneutes Hupen. Er eilte über die Kreuzung und auf den Bürgersteig gegenüber. In welcher Straße war er? Drudenfußstraße? Gut.

Es war nicht immer so gewesen. Er konnte sich nicht mehr genau erinnern, wie, aber er wußte, daß es vor dem Unfall anders gewesen war. Er war nicht dermaßen vergeßlich gewesen, hatte nicht dauernd von seinen Freunden erinnert werden müssen, daß er ein Ziel hatte, wenn er schon wieder irgendwo stehengeblieben war und ins Leere starrte. Blinkende Lichter hatten ihn nicht eingeschläfert, wie sie es jetzt taten, hatten ihm nicht an aus an aus an aus ins Ohr geflüstert, ein regelmäßiges Klickklack wie nächtliche Schritte in einem gefliesten Raum. Eigentlich hatte er vor dem Unfall Lichter kaum je zur Kenntnis genommen. Jetzt erkannte er, was sie wirklich waren, eine Art kalter Wärme, die sich zwischen strahlender Helligkeit und schwarzer Finsternis hin- und herbewegte wie Wasser, das in einer Schüssel schwappte, aber so schnell, daß die meisten anderen Leute den Wechsel gar nicht sahen. Stracki hingegen sah ihn, oder er fühlte ihn wenigstens. Er war froh, daß er nicht nachts durch die Straßen gehen mußte. Selbst von fern machten die Lichter des Stadtzentrums bei Nacht ihm Kopfweh.

An der nächsten Kreuzung blickte er auf und sah ein Schild, auf dem Sauermilchstraße stand. Diesmal dachte er daran, zur Seite zu treten, dicht an ein Schaufenster, bevor er es eingehend betrachtete. Ja, das war der Name, den er suchte. Wo die Sauermilchstraße die Drudenfußstraße kreuzte. Dort sollte er nach etwas Ausschau halten. Er runzelte die Stirn, doch entspannte sie gleich wieder. Die Bushaltestelle.

Zufrieden und ziemlich stolz auf sich ließ Stracki seinen Blick über die Kreuzung schweifen. An einer Ecke stand ein großes Kaufhaus, ein sehr hohes Gebäude mit leuchtenden Lettern über der breiten Glastür, die den Namen »Felberich und Söhne« ergaben, und Leute kamen mit Tüten und Kartons heraus. Das war sie nicht – nein, das war ein Kaufhaus. An Kaufhäuser konnte er sich erinnern. Er erinnerte sich, wie seine Mutter einmal mit ihm den weiten Weg in die Ortschaft Zwölfbäume gemacht hatte, um ihm einen Wintermantel zu besorgen. Das Geschäft, viel kleiner als dieses hier, hatte »Gebrüder Zinnie« geheißen und hatte so viele unerschwingliche Dinge enthalten, zum Beispiel ein ganzes Zwischengeschoß mit Spielsachen, daß es dem kleinen Stracki wie ein Traum erschienen war.

Er kniff die Augen zusammen. Sollte er zu einem Kaufhaus gehen? Nein, zur Bushaltestelle. Erinnere dich, Stracki! Er war wütend auf sich.



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