Datenqualität in Stichprobenerhebungen by Andreas Quatember
Autor:Andreas Quatember
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783662602744
Herausgeber: Springer Berlin Heidelberg
4.3.2 Das Bootstrapverfahren
Eine auf den in Abschn. 4.3.1 beschriebenen Simulationsansatz basierende Varianzschätzmethode ist das Bootstrapverfahren (engl.: bootstrap method). Der Name des Verfahrens ist zurückzuführen auf die Stiefelschlaufe (engl.: bootstrap), an der Baron Münchhausen in der englischsprachigen Version der Geschichten des „Lügenbarons“ sich selbst und sein Pferd aus dem Sumpf gezogen hat. Es gehört wie auch die „Jackknifemethode“ zu den computerintensiven Resamplingverfahren (vgl. etwa: Lohr 2010, Abschn. 9.3), welche zur Genauigkeitsschätzung Rechnerleistung statt Formeln verwenden, und hat ein breites Anwendungsfeld (siehe etwa: Chernick 1999).
Ursprünglich wurde das Bootstrapverfahren von Efron (1979) entwickelt, um die Stichprobenverteilung eines Schätzers für den interessierenden Parameter einer unbekannten Wahrscheinlichkeitsverteilung zu schätzen. Dazu sind n Beobachtungen unter „i. i. d.-Bedingungen“ (= independent and identically distributed; vgl. etwa: Casella und Berger 2002, S. 207) aus zu erheben. Dieses entspricht in der Terminologie der Stichprobentheorie der Ziehung einer einfachen Zufallsauswahl mit Zurücklegen (SIR; siehe Abschn. 2.3.1 nach Beispiel 10). Aus der so beobachteten, empirischen Verteilung der interessierenden Variablen y werden nun so wie ursprünglich aus der Wahrscheinlichkeitsverteilung wieder nach dem i. i. d.-Prinzip sogenannte „Bootstrapstichproben“ gezogen. In jeder einzelnen dieser aus der Originalstichprobe gezogenen SIR-Stichproben wird der Schätzer errechnet (zum Maximum-Likelihood-Hintergrund des Bootstrapverfahrens vgl. etwa: Chao und Lo 1994). Die tatsächliche Stichprobenverteilung des Schätzers wird durch seine theoretische Verteilung über alle möglichen Bootstrapstichproben angenähert. Die theoretische Herleitung dieser Bootstrapverteilung ist im Allgemeinen nicht möglich. Als Alternative kann aus der Originalstichprobe s eine Anzahl B an Bootstrapstichproben gezogen und die theoretische Verteilung von durch die beobachtete Verteilung von in diesen B Bootstrapstichproben geschätzt werden. Durch die Ziehung dieser B Bootstrapstichproben aus der ursprünglich erhobenen einen Stichprobe zieht man sich auf Simulationsbasis sozusagen an seinem eigenen Stiefel aus dem Sumpf.
Die Herausforderungen der Adaptierung dieses ursprünglichen i. i. d.-Bootstrapverfahrens auf die Genauigkeitsbetrachtungen in der Survey-Statistik bestehen in der Berücksichtigungder Ziehung von Erhebungseinheiten aus endlichen Grundgesamtheiten ohne Zurücklegen (somit nicht i. i. d.),
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