Darm mit Charme by Enders Giulia

Darm mit Charme by Enders Giulia

Autor:Enders, Giulia [Enders, Giulia]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin
veröffentlicht: 2014-02-24T23:00:00+00:00


Während die Nasenlochflora noch etwa 900 verschiedene Bakteriensorten bietet, wird im Geburtskanal streng aussortiert. Übrig bleibt der hilfreiche Mantel aus Bakterien, der sich schützend um den sauberen Babykörper legt. Die Hälfte dieser Bakterien besteht aus nur einer Sorte: Laktobazillen. Sie stellen besonders gerne Milchsäure her. Logisch, dass hier auch nur leben kann, was durch die sauren Sicherheitskontrollen kommt.

Geht alles gut, muss man sich als Kind bei der Geburt nur noch entscheiden, wohin man mit dem Kopf gucken möchte. Es gibt zwei attraktive Möglichkeiten: Richtung Hintern oder weg davon. Danach folgt allerlei Hautkontakt, bis man meist von einer fremden Person in Plastikhandschuhen angefasst und in irgendetwas eingewickelt wird.

Jetzt befinden sich die Gründerväter unserer ersten mikrobiellen Besiedlung in uns und auf uns: hauptsächlich mütterliche Vaginal- und Darmflora, dazu Hautkeime und wahlweise noch, was das Krankenhaus selbst so im Repertoire hat. Das ist ein recht guter Mix für den Anfang. Die Säure-Armee schützt vor schlechten Eindringlingen, andere beginnen schon mal das Immunsystem zu trainieren, und die ersten unverdaulichen Bestandteile der Muttermilch werden von helfenden Keimen für uns zerlegt.

Manche dieser Bakterien benötigen knapp zwanzig Minuten, um die nächste Generation zu gründen. Wofür wir Menschen zwanzig Jahre und mehr brauchen, das passiert hier in einem Bruchteil der Zeit – einem Bruchteil so winzig wie die Bewohner selbst. Während unser erstes Darmbakterium seine Urururur-enkel an sich vorbeischwimmen sieht, liegen wir gerade mal zwei Stunden in den Armen unserer Eltern.

Trotz dieser rasanten Bevölkerungsentwicklung wird es noch ungefähr drei Jahre dauern, bis sich in den darmigen Gefilden eine passende Flora eingependelt hat. Bis dahin spielen sich in unserem Bauch dramatische Machtwechsel und große Bakterienschlachten ab. Einige Völker, die wir irgendwie in den Mund bekommen, breiten sich rasant in unserem Bauch aus und verschwinden genauso schnell wieder. Andere werden ein Leben lang bei uns bleiben. Wer sich ansiedelt, hängt zum Teil von uns ab: Mal lutschen wir an unserer Mutter herum, dann knabbern wir an einem Stuhlbein, und zwischendurch geben wir der Autoscheibe oder dem Nachbarshund warme Dampfküsschen. Alles, was es auf diese Weise in unseren Mund schafft, könnte kurze Zeit später sein Imperium in unserer Darmwelt aufbauen. Ob es sich durchsetzen wird, ist unklar. Ob es gute oder schlechte Absichten haben wird, auch. Wir sammeln unser Schicksal sozusagen mit dem Mund – die Stuhlprobe zeigt, was hinten dabei rauskommt. Es ist ein Spiel mit vielen Unbekannten.

Ein paar Dinge helfen uns dabei, allem voran unsere Mutter. Egal, wie viele Dampfküsschen an Scheiben verteilt werden – wer oft an seiner Mama knutscheln darf, wird von ihren Mikroben gut geschützt. Auch durch das Stillen fördert sie ganz bestimmte Darmflorakeime, beispielsweise muttermilch-liebende Bifido-Bakterien. Diese Bakterien formen durch ihre frühe Besiedlung spätere Körperfunktionen mit, wie das Immunsystem oder den Stoffwechsel. Wenn ein Kind im ersten Lebensjahr zu wenige Bifido-Bakterien im Darm hat, ist später die Wahrscheinlichkeit höher, übergewichtig zu werden, als wenn es viele hat.

Unter den vielen verschiedenen Bakterienarten gibt es gute und weniger gute. Beim Stillen kann man das Gleichgewicht hin zu den guten verschieben und so zum Beispiel das Risiko auf Gluten-Unverträglichkeit verringern.



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