Das Stockholm Oktavo by Engelmann Karen

Das Stockholm Oktavo by Engelmann Karen

Autor:Engelmann, Karen [Engelmann, Karen]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783455810561
Herausgeber: Hoffmann und Campe
veröffentlicht: 2013-02-19T00:00:00+00:00


Kapitel 29

Das Stockholm Oktavo

Quellen: E. L., Madame S.

Normalerweise war der Dezember für mich ein trübsinniger Monat, die Dunkelheit war am tiefsten, die falsche Freude auf die Feiertage und die langen Wintermonate standen noch bevor. Die schwarzen Wasser des Norrström rauschten unter dem Eis wie die Styx, und die Hügel der Innenstadt waren fast nicht passierbar. Durch den geringen Verkehr in den Häfen und die leeren, kalten Lagerhäuser wurde mein Arbeitsaufkommen beim Amt kleiner. Doch als sich das Jahr 1791 dem Ende zuneigte, verliehen mir die acht Personen, die nun ins Spiel kommen sollten, einen echten Schub von Kraft und Spannung. Meister Fredrik hatte seine Kenntnis der Gästeliste der Uzanne großzügig mit mir geteilt, und ich war dabei, verschiedene Referenzschreiben an ein paar wenige Ausgewählte zu verfassen. Ich könnte Margot um Hilfe bei der Wahl der Personen bitten – wegen ihres Vogelgesichts war ich mir sicher, dass sie mein Gechwätziger war. Ich brauchte einen Kurier, der meine Briefe austrug; der kleine Murbeck konnte es tatsächlich sein, sofern seine Mutter, mein Betrüger, nicht dazwischenfunkte. Ich hatte auch vor, die Plomgrens einzuspannen, bei denen ich echte, obschon in Anbetracht des fehlenden Vermögens und Titels höchst unbrauchbare Wärme spürte. Anna Maria passte perfekt auf den Gefangenen unter meinen Acht, und ich malte mir aus, der Held zu sein, der sie befreite. Vielleicht wäre aber auch ihr Vater mein Gewinn und würde mir seine Tochter zur Frau geben. Dessen ungeachtet war Anna Maria schön und ehrgeizig und könnte am Arm meines Gefährten hoch hinauskommen.

Und dann war da Johanna, deren Rätsel gelöst werden wollte. Im Geiste sah ich oft ihr blasses Gesicht, und wenn sie tatsächlich eine Tochter aus adligem Hause war, würde sich mein Werben womöglich lohnen. Wenn nicht, dann hatte sie etwas zu verbergen, und wir hätten etwas zu verhandeln. Aus Erfahrung wusste ich, dass solch pikante Häppchen, richtig eingesetzt, ein Festmahl ergeben konnten. Mir kam plötzlich in den Sinn, dass bei einem derartigen Sachverhalt Johanna anstelle von Margot die Position des Geschwätzigen einnehmen könnte – die Karte zeigte eine junge Frau, umworben von zwei Männern. Vielleicht war ich einer von ihnen.

Diese Gedanken wirbelten mir durch den Kopf, während ich eines Dezembernachmittags vom Zollamt die Svartmangatan hinauf und über den Stortorget schlenderte. Und da sah ich Madame Sparv hastig vorübereilen, während ihr dunkelbraunes Tuch hinter ihr herflatterte. Ich folgte ihr an den Marktständen vorbei und den Trångsund, die enge Gasse vor der Nikolaikirche, hinunter. Ihre Räumlichkeiten in der Gråmunkegränd waren in der vergangenen Woche ungewöhnlich dunkel gewesen, sogar das Hoftor war verschlossen gewesen, und ich konnte es kaum erwarten, sie zu treffen. Ich wollte ihr von dem ergötzlichen Unterricht bei der Uzanne berichten, ihr Nordéns Notizbuch zeigen und vor allen Dingen ihren Rat hinsichtlich des Oktavos erbitten. Doch als ich zum Storkyrkbrinken einbog, war sie weg. Ich konnte nur raten, dass sie in die Kathedrale gegangen war, und lief wieder zurück zum Portal.

In der Kirche war es bitterkalt, es roch nach feuchtem Stein und ausgeblasenen Kerzen. Es gab wenig Tageslicht im Inneren, und die Öllampen, die in regelmäßigen Abständen brannten, spotzten.



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