Das Spiel des Poeten by Andrea Camilleri

Das Spiel des Poeten by Andrea Camilleri

Autor:Andrea Camilleri [Andrea Camilleri]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bastei Entertainment
veröffentlicht: 2014-12-16T00:00:00+00:00


Zehn

Arturo rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her, während er wartete. Als Fazio endlich fertig war, konnte sich der junge Mann nicht mehr beherrschen.

»Und?«, rief er ungeduldig.

Wortlos zog Montalbano das Blatt Papier mit dem Gedicht hervor und reichte es ihm. Arturo riss es ihm fast aus der Hand.

»Es steht außer Frage, dass es sich um einen anderen Weg handelt«, sagte er, nachdem er den Brief zweimal gelesen hatte.

Plötzlich kam Montalbano eine Idee: Er würde Arturo auf die Probe stellen.

Er wollte sehen, wie intelligent er wirklich war.

»Einverstanden, aber ist Ihnen klar, welcher Weg gemeint ist? Ich habe, ehrlich gesagt, diesmal überhaupt nichts kapiert. Allerdings habe ich mich erst gar nicht auf die Suche gemacht, wie letztes Mal. Was soll beispielsweise die Geschichte mit dem Schafskopf?«

»Meiner Ansicht nach – aber ich kann mich auch täuschen – geht es vor allem darum, einen Ort oder ein Lokal zu finden, das einen solchen Schafskopf auf der Speisekarte hat.«

»Meinen Sie? Also ein Restaurant in Vigàta?«

»Ich glaube nicht, dass man in einem Restaurant ein solches Gericht bekommt. Vielleicht in einer Osteria.«

»Und weiter? Wenn man den Ort gefunden hat, in welcher Richtung muss man dann den Spaziergang machen? Das wird nicht gesagt.«

»Wenn man die Stelle gefunden hat, weiß man wahrscheinlich, in welche Richtung man gehen muss.«

»Mag sein, aber es scheint mir eine sinnlose Sucherei zu sein. Vergebliche Liebesmüh.«

»Aber wieso denn?«

»Haben Sie die letzten beiden Verse nicht gelesen? Da steht, es wird keine Antwort auf meine Fragen geben. Warum sollte ich dann meine Zeit verschwenden?«

»Ich glaube nicht, dass das so gemeint ist.«

»Wie denn dann, Ihrer Ansicht nach?«

»Ihr Gegenspieler meint offenbar, dass Sie dort keine neuen Anweisungen von ihm vorfinden, sondern selbst, aus Ihrer Intuition heraus, etwas entdecken werden, das sich im weiteren Verlauf als hilfreich erweist.«

»Mag sein, dass Sie recht haben, aber ich habe nicht die Absicht, mich weiter auf die Suche zu machen. Ich spiele dieses dumme Spiel nicht mehr mit.«

Enttäuschung spiegelte sich in Arturos Gesicht. In diesem Moment sah er aus wie ein kleiner Junge.

»Sie wollen aussteigen?!«

Es schien, als würde er gleich zu weinen anfangen.

»Ich glaube, ja.«

»Aber Sie können doch nicht einfach aufgeben!«

»Und warum nicht, bitte? Das Spiel war nicht meine Idee, man hat mich nicht einmal gefragt, ob ich es spielen will, und deshalb kann ich aussteigen, wann immer es mir passt.«

»Darf ich Ihnen einen Vorschlag machen?«, fragte Arturo.

Er faltete die Hände wie zum Gebet. Montalbanos Absicht, nicht mehr mitzuspielen, schien ihm zuzusetzen.

»Nur zu.«

»Wie wäre es, wenn ich an Ihrer Stelle hingehe?«

»Das kann ich nicht zulassen.«

»Und warum nicht?«

»Wenn mein Gegenspieler dahinterkommt, dass ich mir von Ihnen helfen lasse …«

»Ich werde mich schon nicht erwischen lassen! Ich werde gut aufpassen!«

»Wird Ihnen das gelingen?«

»Geben Sie mir eine Chance.«

Montalbano hatte gehofft, dass er das sagen würde. Er schwieg ein Weilchen, als würde er über das Für und Wider dieses Vorschlags nachdenken, dann sagte er:

»Einverstanden.«

Arturo sprang auf, seine Augen strahlten vor Freude.

»Ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen. Ich melde mich bald wieder.«

Zum Abschied gaben sie sich die Hand. Der junge Mann hatte es eilig. Wie ein Jagdhund, der die Spur eines Hasen aufgenommen hat.



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