Das Risorgimento by Huch Ricarda Octavia 1864-1947

Das Risorgimento by Huch Ricarda Octavia 1864-1947

Autor:Huch, Ricarda Octavia, 1864-1947
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Leipzig, Insel-verlag
veröffentlicht: 1906-11-15T00:00:00+00:00


Im ganzen wurde der Kaiser von seinen Untergebenen gut bedient: sein bleiernes Szepter scheint dem StoflFe, aus dem seine deutschen und böhmischen Untertanen gemacht waren, angemessen gewesen zu sein. Alle Angestellten des Spielbergs waren den Italienern, die ein für Männer von ihrer Herkunft und Existenz zehnfach schreckliches Schicksal mit so viel Wurde und Geduld ertrugen, in Bewunderung und Mitleid zugetan und äußerten das durch freundliches, ehrerbietiges Betragen; aber der einzige Schiller, ein Schweizer, erkühnte sich einer gewissen Selbständigkeit. Immer wieder fiel es den Italienern auf, bis zu welchem Grade die Unterwürfigkeit unter den Willen des Kaisers nicht nur bei den niederen Beamten, sondern bei den höchsten ging, wie denn Gouverneure von Provinzen, adlige Herren, hochmütig und herablassend gegen jedermann, sich

Kaiser Franz

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dem Kaiser gegenüber wie Knechte, ja wie Unwürdige verhielten, die weder in wesentlichen noch in geringfügigen Dingen einen Schritt nach eigenem Gutdünken zu tun sich getrauten. Mit den Visitationen, die in der engen Zelle, wo es nur eine Pritsche und einen Strohsack gab, an sich schon etwas Lächerliches hatten, waren nicht nur die Gefangnisaufieher beauftragt, sondern es erschienen von Zeit zu Zeit eigens dazu abgeordnete hohe Beamte, Manner aus der höfischen Gesellschaft, die zimi Erstaunen der Italiener nicht erröteten, den Unrat selbst nach verbotenen Gegenständen zu durchsuchen. Hätten diese den Anschein von Grausamkeit, Schadenfreude, Menschenhaß oder irgendeine Eigenschaft gehabt, die ihre Handlungsweise aus ihnen selbst erklärt hätte, so würden die Gefangenen sich weniger verwundert haben; aber es offenbarte sich an ihnen oft zu viel feine Bildung imd Zartgefühl, als daß sie sich jemals aus eigenem Antriebe solchen Aufgaben unterzogen hätten, während sie es stündlich und ganz im vorgeschriebenen Sinne taten, um den Befehlen des Monarchen zu gehorchen.

Bei sämtlichen Gefangenen stellten sich in kurzer Zeit Leiden ein, bei denen es gestattet war, einen Arzt zuzuziehen. Dieser durfte außer einem Strohsack und der üblichen Krankenkost nichts verordnen, hinsichtlich alles Weiteren mußte der Wille des Kaisers eingeholt werden. Derselbe entschied darüber, ob ein Kahlköpfiger eine Perücke tragen dürfe, ob dem armen Maroncelli das Bein, das wegen ungenügender Behandlung vereitert war, abgenommen werden dürfe, ob dem oder jenem, für den der Arzt eine Herzstärkung empfahl, eine Tasse Kafiee zu verabreichen seL In den Fällen, wo es sich um langsames Hinsiechen, eigentlich Verhimgern handelte, wie bei dem jungen Grafen Oroboni oder dem armseligen Villa, geschah überhaupt nichts ziu: Abhilfe, da von den selbst aufgestellten Emährungs-vorschriften der Kaiser selbst nicht abweichen konnte. Wenn Villa ein paar Tage vor seinem Tode alles angeboten wurde, was er sich nur wünschen möchte, so mußte das dem Sterbenden wie Hohn klingen. Als die Cholera sich der mährischen

Grenze näherte und in Brunn um sich griff, wurden die vorgeschriebenen Vorsichtsmafiregeln auf die gefangenen Italicner im Spielberg nicht eher ausgedehnt, als bis der Kaiser den ausdrücklichen Befehl dazu gab, und auch nur in dem beschränkten Mafie, wie er es für notwendig hielt Wenn zuweilen, um die in Monarchien vorkommenden Härten zu entschuldigen, gesagt werden kann, der Herrscher sei Ober die fraglichen Zustände durch die Behörden im Unklaren gelassen, so tri£ft das bei Kaiser



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