Das mordsmäßig merkwürdige Verschwinden der Lily Cooper by Renée Holler

Das mordsmäßig merkwürdige Verschwinden der Lily Cooper by Renée Holler

Autor:Renée Holler [Holler, Renée]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: arsEdition GmbH, München
veröffentlicht: 2017-03-20T16:00:00+00:00


In der folgenden Nacht träumte Selina wieder von dem Tiger. Wie zuvor saß sie neben Lily und Neela auf dem bunten Kissen der Howdah, während der Elefant durch den Dschungel stapfte. Der Traum war dem Albtraum von Mittwochnacht sehr ähnlich, doch gleichzeitig anders, denn im nächsten Augenblick verwandelte sich Neela auf gespenstische Weise. Erst schrumpfte ihr langer Zopf in eine Kurzhaar-Frisur, danach trug sie statt ihres bunten Kleids plötzlich Jeans und T-Shirt, und zuletzt veränderte sich ihr Gesicht in Zeitlupe, bis statt der Freundin Eric neben ihr saß.

Die Verwandlung von Neela war nicht das Einzige, was sich von dem anderen Traum unterschied. Auch das Licht und die Stimmung fühlten sich anders an. Es wirkte künstlich, wie grelles Scheinwerferlicht in einem Fußballstadion. Die Geräusche, die aus dem Dschungel drangen, waren ebenfalls höchst ungewöhnlich. Da waren keine schnatternden Affen, kein Vogelgezwitscher, kein Blätterrascheln oder plätscherndes Wasser. Stattdessen konnte man nur ein metallisches Klicken und Klirren hören. Gleichzeitig quietschte es wie die Scharniere einer alten Tür, die schon länger nicht mehr geölt worden waren. Ein kalter Schauer lief Selina über den Rücken. Der Kopf des Elefanten und die riesigen Ohren waren im grellen Licht kaum zu erkennen und blendeten wie Spiegel. Erst jetzt merkte sie, dass der Elefant nicht aus Haut und Knochen, sondern aus poliertem Blech bestand. Sie wollte gerade Lily fragen, was hier eigentlich vor sich ging, als etwas aus dem Sumpfgras auf sie zuschoss. Eine riesige Raubkatze, die aussah, als hätte sie jemand aus Einzelteilen vom Schrottplatz zusammengesetzt. Obwohl alles sehr schnell ging, konnte Selina erkennen, dass die Krallen Rasierklingen, die Fangzähne scharfen Messern glichen. Nur die Augen leuchteten bernsteinfarben, wie die des Tigers aus ihrem ersten Traum. Fast geräuschlos packte die Kreatur sich Lily und schleppte sie in den Dschungel, ohne dass Selina oder Eric sie davon abhalten konnten. Selina begann laut zu schreien und im nächsten Moment fand sie sich schweißgebadet in ihrem Bett wieder.

Obwohl Selina wusste, dass sie all dies nur geträumt hatte, spürte sie immer noch, wie ihr Herz heftig schlug. Schläfrig tastete sie nach ihrem Handy, das auf dem Boden neben dem Bett lag. Die Leuchtziffern zeigten an, dass es 5 : 30 Uhr war. Noch zu früh, um aufzustehen, aber nach diesem schrecklichen Albtraum konnte sie unmöglich wieder einschlafen. Ob Lily auch nicht schlafen konnte? War ihr kalt? Hatte sie Hunger? Fühlte sie sich einsam und verlassen …? Selina wagte es nicht, sich die Situation ihrer Cousine weiter auszumalen, stattdessen überlegte sie, was sie und Eric als Nächstes unternehmen sollten.

Selina war überzeugt, dass Lily tatsächlich wegen des alten Manuskripts verschwunden war. Wenn der Vater beschuldigt wird, etwas gestohlen zu haben, dann ist es ganz normal, dass man als Tochter versuchen möchte, seine Unschuld zu beweisen. Selina würde das Gleiche für ihre Mutter tun. Die neugierige Lily war bei diesen Nachforschungen auf den Dieb gestoßen, und der wollte auf keinen Fall entlarvt werden. Bevor sie zur Polizei gehen konnte, hatte er sie in eine Falle gelockt und aus dem Weg geschafft. Das kam Selina alles logisch vor, auch wenn sie sich immer noch nicht sicher war, was sie von Onkel Harry halten sollte.



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