Das magische Messer by Philip Pullman

Das magische Messer by Philip Pullman

Autor:Philip Pullman
Die sprache: deu
Format: epub


Der Turm der Engel

»Wer ist dieser Mann mit dem Messer?«, fragte Will.

Sie saßen im Rolls-Royce und fuhren durch Oxford, Sir Charles auf dem Beifahrersitz, den Kopf zur Seite gewandt, Will und Lyra hinten. Auch Pantalaimon in Gestalt einer Maus in Lyras Händen hatte sich wieder beruhigt.

»Jemand, der nicht mehr Recht auf das Messer hat als ich auf das Alethiometer«, sagte Sir Charles. »Zu unser aller Leidwesen ist das Alethiometer in meinem Besitz und das Messer in seinem.«

»Woher wissen Sie überhaupt von der anderen Welt?«

»Ich weiß vieles, das ihr nicht wisst. Was habt ihr erwartet? Schließlich bin ich um einiges älter und besser informiert. Es gibt eine ganze Reihe von Durchgängen zwischen dieser Welt und der anderen; wer sie kennt, kann mühelos zwischen den Welten hin- und herpendeln. In Cittàgazze gibt es eine Zunft von Gelehrten, die das ständig getan haben.«

»Sie kommen gar nicht aus dieser Welt!«, sagte Lyra plötzlich. »Sie kommen aus der anderen, stimmt’s?«

Wieder kam ihr irgendetwas seltsam vertraut vor. Sie war fast sicher, dass sie den Mann schon einmal gesehen hatte.

»Nein, stimmt nicht«, sagte er.

»Wenn wir Ihnen das Messer bringen sollen«, sagte Will, »müssen wir mehr über den Mann wissen. Er wird es kaum freiwillig herausrücken.«

»Sicher nicht. Es ist das Einzige, was die Gespenster abhält. Es zu bekommen wird auf keinen Fall leicht sein.«

»Die Gespenster haben vor dem Messer Angst?«

»Sogar sehr.«

»Warum fallen sie nur Erwachsene an?«

»Das brauchst du nicht zu wissen, es tut nichts zur Sache.« Sir Charles wandte sich an Lyra: »Erzähl mir doch von deinem bemerkenswerten Freund hier.«

Er meinte Pantalaimon. Und als er das sagte, begriff Will auf einmal, dass die Schlange, die sich im Ärmel des Mannes versteckte, auch ein Dæmon war und dass Sir Charles aus Lyras Welt kommen musste. Er fragte nur nach Pantalaimon, um sie abzulenken; demnach hatte er nicht bemerkt, dass Will seinen Dæmon gesehen hatte.

Lyra nahm Pantalaimon hoch und drückte ihn an die Brust, und Pantalaimon verwandelte sich in eine schwarze Ratte, schlang seinen Schwanz um ihr Handgelenk und starrte Sir Charles aus roten Augen böse an.

»Den sollten sie eigentlich gar nicht sehen«, sagte sie. »Das ist mein Dæmon. Sie glauben vielleicht, dass die Menschen in dieser Welt keine Dæmonen haben, aber das stimmt nicht. Sie haben sicher einen Mistkäfer.«

»Wenn die ägyptischen Pharaonen damit zufrieden waren, durch einen Skarabäus dargestellt zu werden, dann reicht mir das auch. Tja, du kommst also aus noch einer anderen Welt. Wie interessant. Kommt das Alethiometer auch da her, oder hast du es unterwegs geklaut?«

»Ich habe es geschenkt bekommen«, sagte Lyra wütend. »Der Rektor von Jordan College in Oxford hat es mir geschenkt. Es gehört rechtmäßig mir. Sie haben ja keine Ahnung, was man damit anfangen kann, Sie blöder alter Trottel, Sie könnten es auch in hundert Jahren nicht lesen. Für Sie ist es nur ein Spielzeug. Ich dagegen brauche es, und Will braucht es auch. Aber wir kriegen es schon wieder, keine Sorge.«

»Warten wir ab«, sagte Sir Charles. »Hier habe ich dich heute Vormittag abgesetzt. Wollt ihr wieder hier aussteigen?«

»Nein«, sagte Will, der in einiger Entfernung ein Polizeiauto fahren sah.



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