Das Lied des Glaubens by Taylor Roger
Autor:Taylor, Roger [Roger, Taylor]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2015-04-10T16:00:00+00:00
23.KAPITEL
»Was für ein mieser Trick!« Nertha platzte fast vor Wut. »Dieser Scharlatan! Wie konntest du dich nur davon narren lassen?«
»Es war Wasser!« rief Vredech, verlegen und empört zugleich. »Ich weiß nicht, was passiert ist, aber ich bin kein kleiner Junge mehr, um Gottes willen. Ich habe mich von nichts narren lassen. Ich hatte es die ganze Zeit in meiner Hand. Ich hatte die Hälfte getrunken. Und erzähl mir nicht, ich würde einen von Dowinnes Säften nicht wiedererkennen. Er hat die Außenseite des Glases kaum berührt, und die Flüssigkeit verwandelte sich beim Zusehen!« Er hielt ihr seine Hand vors Gesicht. »Es war nur so weit von meinen Augen entfernt.«
»Ich habe Straßengaukler in Tirfelden beeindruckendere Tricks aufführen sehen«, versetzte Nertha höhnisch.
Vredech fuhr sie wütend an: »Verdammt, Nertha! Halt den Mund, wenn du nichts zu sagen hast!« Nerthas Kinn schob sich vor, und ihre Fäuste ballten sich drohend, aber Vredech ließ nicht locker. »Du warst nicht da. Du hast es nicht gesehen. Und du hast es nicht gespürt. Und du hast sie nicht gesehen. Irgendwie reißt er Dowinne mit.«
Als Dowinnes Namen fiel, verzog sich Nerthas Mund zu einer höhnischen Grimasse. »Ich wünschte, ich wäre dagewesen«, schleuderte sie ihm entgegen. »Mit mir hätte er das nicht gemacht.«
Vredech zuckte zusammen. »Nertha, bitte«, beschwor er sie, plötzlich ganz ruhig und gefaßt. »Ich schaffe es gerade, nicht den Verstand zu verlieren, also bitte, kämpf nicht gegen mich.«
Nertha legte ihm den Arm um die Schulter. Ihre Miene war immer noch entschlossen und ärgerlich, aber ihr Tonfall klang schon versöhnlicher. »Du verlierst nicht den Verstand«, beruhigte sie ihn. »Tut mir leid, daß ich die Beherrschung verloren habe. Ich sehe ja, wie du dich quälst. Es ist nur schwierig, dabeizustehen und sich all das ruhig anzuhören. Sieht so aus, als wäre ich nicht ganz die Ärztin, die ich gerne sein möchte.«
»Laß uns rausgehen«, schlug Vredech fast verzweifelt vor. »Laß uns einen Ritt durch die Stadt machen ... ein bißchen reden ... nachdenken. Ich möchte durch nichts mehr eingeengt werden.«
Nach wenigen Minuten saßen sie auf ihren Pferden und lenkten sie hinaus in den strahlenden Sonnenschein. Vredech stieß einen tiefen Seufzer aus, als habe er seit seiner Rückkehr von Cassraw die Luft angehalten.
»Fühlst du dich jetzt besser?« erkundigte sich Nertha nach einer Weile.
»Freier, aber nicht besser«, antwortete Vredech.
Nertha runzelte die Stirn. »Was meinst du damit?«
Vredech sah zu dem strahlend blauen Himmel hinauf. Ein paar weiße Wölkchen zogen gemächlich darüber hinweg. »Es ist keine zwei Monate her, seit diese Dunkelheit aus dem Norden kam«, sinnierte er. »Zwei Monate, seit Cassraw ... und ich, wie ich vermute ... unsere fremdartigen Heimsuchungen haben, aber ich kann mich schon kaum noch daran erinnern, wie das Leben vorher war. Soviel ist geschehen.« Er sah Nertha an. »Werde ich langsam verrückt, Nertha? Bin ich es schon? Bist du wirklich hier? Oder bin ich irgendwo anders, jemand anderes, und träume das alles nur?«
Nertha wirkte betroffen. Sie berührte seine Hand. »Wir haben dieses Gespräch schon einmal geführt«, sagte sie. »Ich habe dir gesagt, mit deinem Kopf stimmt alles, solange du noch genügend Grips in ihm hast, um zu wissen, daß es keine Antwort auf diese Fragen gibt.
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