Das Geheimnis der Gaukler by Fortunato

Das Geheimnis der Gaukler by Fortunato

Autor:Fortunato [Fortunato]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783955301941
Herausgeber: Edel Germany GmbH
veröffentlicht: 2013-08-08T22:00:00+00:00


Auf dem Falkenhorst

»Golo?« Marius zog sich mit letzter Kraft über die Brüstung hoch, hinter der der Falkenhorst lag, dem die Burg und der dritte Turm den Namen verdankten. Der Tag in der Küche war anstrengend gewesen. Er spürte jeden seiner Muskeln. »Golo, bist du da?«

»Er ist noch nicht da«, hörte er zu seiner Überraschung Xenias Stimme. Nun sah er auch die rotgoldenen Locken, die im Licht der untergehenden Sonne glänzten.

»Was machst du denn hier?«, entschlüpfte es Marius.

Xenia zog eine Augenbraue hoch und entgegnete mit pikiertem Ton: »Entschuldige mal, ich lebe auf dieser Burg.« Sie sah hinüber zu dem Turm, in dem ihre Kammer und die von Tante Zussa lagen.

»Klar«, sagte Marius und schwang seine Beine herüber, um neben Xenia zu rutschen. »Entschuldige. Hatte ich vergessen.« »Vergessen... Wie kommst du überhaupt hier herauf?«

»Zu Fuß?«

»Scherzkeks. Das sehe ich. Aber was willst du hier?«

»Ich suche Golo.«

»Offensichtlich seid ihr ja inzwischen enge Freunde – wenn er dir gleich am zweiten Tag, an dem du auf der Burg bist, sein Versteck zeigt.«

»Ja. Das fand ich auch nett. Möchtest du einen Apfel?« Marius hielt ihr einen rotbackigen Apfel hin.

»Hast du den etwa aus der Küche geklaut?« Xenia machte große Augen.

»Klar«, sagte Marius. »Die aus dem Stall schmecken nicht so gut.«

»Iiiih. Das ist eklig.« Xenia schüttelte sich.

»Na, dann ess ich ihn eben selber«, erklärte Marius und führte den Apfel schon zum Mund. Doch Xenia schnappte ihn sich aus seiner Hand, biss kräftig hinein und sagte beim Schmatzen:

»Ich meine das mit dem Stall und den Äpfeln.«

Marius grinste, sagte aber nichts. Eine Weile saßen sie schweigend nebeneinander und sahen zu, wie die Sonne die letzten Spitzen des Waldes beleuchtete und die Schatten der Nacht über ihren Köpfen aufzogen. Xenia fröstelte. Marius zog sein Wams aus und legte es ihr um die Schultern. »Danke«, sagte sie.

»Du bist wirklich nett.«

»Du aber auch.« Marius räusperte sich. Er wusste nicht, was er

weiter sagen sollte. Also schwiegen sie wieder eine Weile.

»Werden sich deine Eltern keine Sorgen machen, wenn du so

lange nicht nach Hause kommst?«

»Ich habe keine Eltern mehr«, erklärte Marius. »Jedenfalls

kenne ich sie nicht.«

»Du kennst deine Eltern nicht? Und bei wem lebst du?«

»Ich lebe allein«, erklärte Marius. »Das heißt: mit Meister

Goldauge.«

»Also sorgst du nicht nur für dein eigenes Leben, sondern auch noch für deinen Vogel?« Xenia sah ihn bewundernd von der Seite an, was Marius aber nicht bemerkte, denn inzwischen war es schon fast dunkel auf Schloss Falkenhorst. »Nun übertreib nicht«, entgegnete er. »Meister Goldauge kann schon sehr gut für sich selbst sorgen. Aber wir leben in einem Haus, seit wir uns erinnern können.«

»Hm, du meinst, er ist so alt wie du?«

»Ja. Jedenfalls ungefähr. Er war immer da. Und in seinen Erinnerungen war auch ich immer da. – Noch einen Apfel?«

»Nein danke«, sagte Xenia. Und nach einer Weile: »Das ist merkwürdig, weißt du? Bei uns ist es genauso.«

»Was ist bei wem genauso?«

»Bei Florine und mir. Wir sind auch zusammen, seit wir uns erinnern können. Tante Zussa sagt, wir hätten im selben Nest gelegen.«

»Wirklich? Das hat Bela von uns auch immer behauptet.«

»Bela?«

»Eine Hebamme. Sie hat mich in ihr Haus aufgenommen.



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