Das eherne Buch : Eine Geschichte vom Ende allen Krieges by Christian von Aster

Das eherne Buch : Eine Geschichte vom Ende allen Krieges by Christian von Aster

Autor:Christian von Aster [Aster, Christian von]
Die sprache: eng
Format: epub
Tags: Mythology
Herausgeber: https://c3jemx2ube5v5zpg.onion
veröffentlicht: 2015-01-26T05:00:00+00:00


XII

Aus seinem Zelt heraus ließ Zadt Mhaw den Blick über die Reste des Lagers schweifen. Er hatte seit Tagen nicht mehr richtig geschlafen. Das Haar hing ihm wirr ins Gesicht, sein verbliebenes Auge wirkte trübe. Aus seinem Kinn sprossen graue Stoppeln und in den Mundwinkeln klebten angetrocknete Essensreste. Der Soldat in ihm, den er über all die Jahre stolz zur Schau getragen hatte, war kaum noch zu erahnen. Seine ältesten Getreuen erkannten ihn beinahe nicht mehr wieder.

Er war angetrunken. Seine Söldner, die weniger im Dienst des Keilers als vielmehr in dem seiner Münzen standen, blieben vornehmlich bei ihm, weil der General seit der Entführung des Mädchens mit Gold nur so um sich warf. Und da es sich herumgesprochen hatte, dass der Einäugige hier im Wald eine Armee zusammenstellte, die auf nichts als dieses Gold schwören musste, wurden die Söldner mit jedem Tag mehr. Die Schatullen mit dem Erbe des Keilers und seinen eigenen Ersparnissen, die ursprünglich Gvenns Macht in den Mauern Ghidt-Lhorrs hätten festigen sollen, mussten nun dafür herhalten, sie aus den Fängen des Albinos zu befreien und das Eherne Buch zurückzuerobern.

Aus der wachsenden Horde hatte Mhaw inzwischen ein Dutzend Männer um sich geschart, auf die er sich auch im Ernstfall würde verlassen können. Diesen unterstanden nunmehr noch einmal doppelt so viele Gefolgsleute. Dazu kam das Fußvolk.

Mochte seine Aufmerksamkeit auch nachgelassen haben, der General wusste noch immer, wie man eine Armee führte. Und wer immer ein Schwert halten konnte und seinem Gold die Treue schwor, war gut genug, an seiner Seite Jagd auf den letzten Raben und das Legendeneisen zu machen.

Mit finsterem Blick musterte der Einäugige seine Soldaten, ihre Narben, Bärte und die grimmigen Gesichter. Den wenigsten konnte er weiter über den Weg trauen, als er ein Pferd hätte werfen können. Doch er durfte keine Zeit verlieren. Wenn Jaarn von Stahl tatsächlich die Prophezeiung des Ehernen Buches zu erfüllen trachtete, würde er früher oder später Arrens Baum aufsuchen. Und in der Weißen Stadt gehörte der Junge Tindt Gherren und der Nacht. Wenn sie ihn bekamen, würde Mhaw versagt haben. Das konnte er nicht zulassen. Er würde den Ruf des Keilers nicht noch einmal mit seiner Schmach beflecken. Darum musste er den kleinen Raben und die Klinge ausfindig machen, bevor sie die Weiße erreichten. Dafür würde er diese Männer brauchen. Für Patrouillen, Hinterhalte, was immer er dem Burschen in den Weg werfen konnte. Auch wenn die meisten dieser verwahrlosten Gestalten unter dem alten Bitterkling nicht einmal Stiefel hätten putzen dürfen.

Der General blickte zum Rand des Lagers, wo er eine Reihe Deserteure an die Bäume hatte schlagen lassen. Seine Männer sollten wissen, wie er mit jenen verfuhr, die sein Gold nahmen, aber ihm den Dienst verweigern wollten. Denn er hatte nicht die Zeit, sich seine Armee durch das geschickte Wechselspiel von Härte und Vergebung gefügig zu machen. Sollten sie ihn nur fürchten. Solange sie aber das Gold wollten, würden sie tun müssen, was er verlangte, oder neben ihren Kameraden am Baum enden.

“Sire! Seht nur, was uns heute früh in den Vogelschlag geflattert kam!” Einer seiner Getreuen eilte, einen Fetzen Papier schwenkend, auf ihn zu.



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