City of Girls: Roman (German Edition) by Gilbert Elizabeth

Autor:Gilbert, Elizabeth [Gilbert, Elizabeth]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: FISCHER E-Books
veröffentlicht: 2020-05-26T16:00:00+00:00

18

Angela, den nächsten Teil der Geschichte möchte ich dir nicht erzählen.

Ich glaube, ich habe ihn absichtlich hinausgezögert.

Dieser nächste Teil, der tut so weh.

Lass mich noch ein bisschen Zeit schinden.

Nein, bringen wir es hinter uns.

Mittlerweile hatten wir Ende März 1941 .

Es war ein langer Winter gewesen. Anfang des Monats war New York von einem mörderischen Schneesturm getroffen worden, und die Stadt hatte Wochen gebraucht, um sich wieder freizuschaufeln. Wir waren es leid zu frieren. Das Lily war ein zugiger alter Kasten, wie du dir sicher denken kannst, und die Garderoben eigneten sich eher dafür, Pelze zu lagern, als Menschen zu wärmen.

Wir hatten alle Frostbeulen und Fieberbläschen. Wir Mädchen sehnten uns danach, in hübschen Frühlingskleidern Figur zu zeigen, statt uns wie Mumien in Wintermäntel, Überschuhe und Schals einzuwickeln. Ich hatte einige unserer Tänzerinnen mit langer Unterwäsche unter dem Abendkleid ausgehen sehen – der sie sich dann heimlich auf der Nachtclubtoilette entledigten und sie am Ende des Abends wieder überzogen, bevor sie sich in die eisige Nachtluft wagten. Glaub mir, ein Mädchen in Seidenkleid und langer Unterwäsche ist ganz und gar nicht glamourös. Den ganzen Winter über hatte ich mir fieberhaft neue Frühlingskleider genäht – in der irrationalen Hoffnung, dass das Wetter sommerlicher würde, sobald es nur meine Kleidung war.

Gegen Ende des Monats schlug das Wetter endlich um, und die Kälte ließ ein wenig nach.

Es war einer dieser strahlenden, selig machenden Frühlingstage in New York, der einen glauben lässt, der Sommer wäre da. Ich war noch nicht lange genug in der Stadt, um nicht darauf hereinzufallen (traue niemals dem New Yorker März!), und erlaubte mir deshalb, beim Anblick der Sonne vor Freude fast zu platzen.

Es war Montag. Das Theater lag im Dunkeln. In der Post war eine Einladung für Edna gewesen. Eine Organisation namens Ladies British-American Protection Alliance veranstaltete am Abend eine Spendengala im Waldorf. Sämtliche Erlöse würden in Bemühungen fließen, die Vereinigten Staaten endlich zum Kriegseintritt zu bewegen.

So kurzfristig es auch sei, schrieben die Organisatorinnen, würde Mrs Watson in Erwägung ziehen, die Veranstaltung mit ihrer Anwesenheit zu beehren? Ihr Name würde dem Anlass ein solches Prestige verleihen. Und wäre Mrs Watson wohl so freundlich, ihren jungen Co-Star, Anthony Roccella, zu fragen, ob er sich ihr anschließen möge? Und könnte das Paar sich vorstellen, zur Unterhaltung der anwesenden Damen das gefeierte Duett aus City of Girls vorzutragen?

Die meisten von Ednas Einladungen sagte ich ab, ohne sie überhaupt mit ihr zu besprechen. Ihr anspruchsvoller Vorstellungskalender machte nahezu alle außerplanmäßige Geselligkeit unmöglich, und zurzeit verlangte die Welt mehr von ihr, als sie geben konnte. Deshalb hätte ich auch diese Einladung beinahe abgesagt. Aber dann dachte ich noch einmal darüber nach. Wenn es etwas gab, das Edna wichtig war, dann die Kampagne für den Kriegseintritt der Vereinigten Staaten. Ich hatte sie oft mit Olive darüber reden hören. Und die Anfrage wirkte nicht über die Maßen anspruchsvoll – ein Lied, ein Tanz, ein Essen. Also machte ich sie auf die Einladung aufmerksam.

Edna entschied sich sofort dafür. Wegen des furchtbaren Winters falle ihr ohnehin die Decke auf den Kopf, sagte sie, deshalb begrüße sie die Gelegenheit, aus dem Haus zu kommen.

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