Bullenball by Stefan Holtkötter

Bullenball by Stefan Holtkötter

Autor:Stefan Holtkötter [Holtkötter, Stefan]
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
ISBN: 9783492952019
Herausgeber: Piper Taschenbuch
veröffentlicht: 2012-06-27T13:12:32+00:00


12

Am Freitag endete die Schule für Adelheid schon nach der fünften Stunde. Am Nachmittag standen keine Kurse mehr an, und so konnte sie rechtzeitig zum Mittagessen zu Hause sein. Wie an jedem Tag war sie froh, das Schulgelände zu verlassen. Nicht das Lernen bereitete ihr Probleme, nein, es waren hauptsächlich die Pausen, vor allem die eine Stunde am Mittag. Der Spießrutenlauf in der Kantine, wenn sie mit ihrem Tablett an den Mädchentischen vorbeimusste, wo getuschelt und gekichert wurde, sobald sie auftauchte. Das Herumhocken auf dem Pausenhof, wenn alle anderen Abstand hielten, als hätte sie die Beulenpest.

Zu Hause traf sie auf ihren Vater, der gerade die Stalltür hinter sich schloss und auf den Hof trat. Er zog die Arbeitshandschuhe aus und wischte sich den Schweiß von der Stirn.

»Adelheid, da bist du ja. Ein Glück.«

»Wieso? Gibt es heute so viel zu tun?«

»Nein, gar nicht. Aber du wirst nach dem Essen deine Mutter begleiten. Ihr fahrt nach Coesfeld, um ein Kleid zu kaufen.«

Ihr Gesicht fiel in sich zusammen.

»Für den Bullenball morgen Abend, du weißt schon«, fügte er irritiert hinzu.

Sie nickte und schwieg, woraufhin er das Thema wechselte.

»Da ist nur eine Sache, um die ich dich vorher bitten möchte.« Er deutete auf die Weide, die am Schotterweg entlang bis zur Hauptstraße führte. »Der Elektrozaun funktioniert nicht. Das Gerät läuft weiter, aber es ist kein Saft mehr drauf. Irgendwo muss eine Störung sein.«

»Ich soll die Weide ablaufen, ob ich was finden kann?«

»Genau. Aber das hat Zeit bis nach dem Essen. Gehen wir erst einmal ins Haus.«

»Nein, nein. Das kann ich auch gleich erledigen.«

Adelheid drehte sich um und ging zur Weide, erleichtert darüber, sich für eine Weile davonstehlen zu dürfen. An der Straße unterhalb einer Wallhecke fand sie die Ursache der Störung: Der Sturm der vergangenen Nacht hatte den Ast einer Pappel abgerissen und ihn quer über den Elektrozaun geworfen, wodurch der Draht in die feuchte Erde gedrückt wurde. Adelheid musste nur über den Graben springen und den Ast herunterziehen, dann war wahrscheinlich alles wieder in Ordnung.

In diesem Moment kam jemand die Straße entlanggelaufen, bog am Wäldchen auf den Hauptweg und kam direkt auf sie zu. Es war Jule Brockmann, ein Mädchen aus der Nachbarschaft, die ab und zu ein paar Worte mit Adelheid wechselte. Jule war nicht wie die anderen Mädchen. Sie war nett und hatte sich in ihrer Gegenwart nie über sie lustig gemacht. Eigentlich wäre Adelheid am liebsten so schnell wie möglich über den Graben gesprungen und hinter der Wallhecke verschwunden, aber es war bereits zu spät. Jule hob die Hand und winkte ihr zu.

Es gab kein Zurück. Adelheid winkte zaghaft zurück und wartete, bis Jule sie erreicht hatte.

»Hallo, Adelheid!«, rief sie fröhlich. »Na, bist du auch hier draußen unterwegs?«

Adelheid merkte, wie sie heftig zu blinzeln begann. Sie wollte es unterdrücken, doch es funktionierte nicht.

Das muss total bescheuert aussehen, dachte sie.

»Ja. Schon«, sagte sie.

»Mein Fahrrad hat einen Platten. Ich habe es an der Haltestelle stehen lassen. Jetzt muss ich laufen.«

Adelheid merkte, wie ihr Körper sich anspannte. Sie hätte gern was Nettes gesagt, einen Witz gemacht, irgendwas.



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