Bruderliebe - Roman by Verlag Antje Kunstmann

Bruderliebe - Roman by Verlag Antje Kunstmann

Autor:Verlag Antje Kunstmann [Kunstmann, Verlag Antje]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783888977695
Herausgeber: Verlag Antje Kunstmann
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Auf der Straße zum Bahnhof waren wir die Einzigen. Bei der letzten roten Ampel begann es zu schneien. Ich betätigte den Scheibenwischer. Ich fuhr los und schaute in die Rückspiegel. Niemand. Jerry hatte sich entspannt. Er lächelte im Halbdunkel. Zum ersten Mal seit seiner Rückkehr.

Er schlug einen lockeren Ton an: Das Erste, was ich mache, wenn ich aus dem Flieger steige, ist, mir bei McDonald’s einen Cheeseburger zu holen. Weißt du, wie man die da unten nennt? Double Curry Cheeseburger. Und weißt du, warum? Weil sie einheimische Produkte verwenden. Man nennt sie auch Hell Double Cheeseburger, weil sie höllisch scharf sind, und der Käse ist aus Büffelmilch und stammt aus dem Himalaja, jawohl, mein Herr. Sie werden mit Curry gewürzt. Und das schmeckt sehr gut. Genau betrachtet, wirst du da unten feststellen, dass der Typ, der da im Flughafen-McDonald’s neben dir vor seinem Curryburger sitzt, noch so gern dort hocken mag, tja, aber er isst nicht, er rechnet … Und weißt du, was er rechnet? Er rechnet aus, wie viel Mohn er im vergangenen Monat geerntet hat, in den Bergen … Um zu wissen, wie viel Gramm Opium das macht … Jerry prustete los. Kannst du dir das vorstellen, Max? Tausende Gramm Opium? Ich kann es noch immer nicht glauben … Und doch …!

Wir fuhren durch die Vororte.

Ich fragte ihn, ob er dort bleiben wolle, in Afghanistan. Er sagte, das entscheide nicht ich. Ich weiß nur eins: Ich werde in der Region bleiben. Aber vorher mache ich einen kleinen Umweg …

Und wenn du aus dem Zug gestiegen bist, Jerry, wo nimmst du dann das Flugzeug? Stell keine Fragen, Max, antwortete er, ich, ich sag’s noch einmal, zu deiner eigenen Sicherheit. Das könnte dir ganz schön Ärger einbringen, wenn du meine Route kennen würdest.

Er hob den Koffer und wog ihn in der Hand. Teilen wir?

Nicht jetzt, Jerry, wart noch einen Moment.

Ich wies zum Bahnhofsparkplatz hinüber. Ich sagte ihm auch, dass es vielleicht ein Fehler gewesen sei, Samantha und ihren Vater im Auto einzusperren. Er antwortete, dass er, wenn er allein gewesen wäre, den Vel Satis angezündet hätte.

Und die Pourcelots, wo hättest du die gelassen, Jerry?

Drin.

Vor dem Bahnhof bremste ich ab. Der Zug stand schon da. Jerry sah auf die Uhr. Ich fragte ihn, ob ich in die Tiefgarage fahren solle.

Du vergisst die Videoüberwachung, die Kameras …

Ich rollte zur Einfahrt des Güterbahnhofs und fuhr dann rückwärts bis ans Ende der Frachtlager hinter den Gebäuden der Eisenbahngesellschaft. Von dort aus konnten wir den Bahnsteig überblicken. Jerry erklärte, dass er nicht die Unterführung nehmen, sondern direkt über die Gleise gehen wolle. Und dann, tschüss! Er öffnete den Koffer, während ich die Schiebetür aufzog. Ich schaute auf den Bahnhof. Menschenleer. Jerry meinte jedoch, am Ende des Bahnsteigs, in Höhe des Triebwagens, befänden sich drei Männer mit Blousons und schwarzen Mützen. Er sagte, die drei da, das sind keine Reisenden. Er blickte mich von der Seite an.

Du hast doch mit niemandem gesprochen, Max?

Natürlich habe ich mit niemandem gesprochen.

Stell den Koffer ab und teile.

Ich teilte die Geldbündel in zwei Haufen.



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