Brooklyn by Colm Tóibín

Brooklyn by Colm Tóibín

Autor:Colm Tóibín [Tóibín, Colm]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 3446235663
Herausgeber: Carl Hanser Verlag
veröffentlicht: 2010-09-05T22:00:00+00:00


Als sie unter der Woche eines Abends vom Bartocci’s aus auf dem Weg zum Brooklyn College war, fiel ihr nicht mehr ein, worauf sie sich eigentlich freute; manchmal glaubte sie tatsächlich, sie freue sich darauf, an zu Hause zu denken, Bilder von zu Hause heraufzubeschwören, aber jetzt ging ihr schlagartig auf, dass die Vorfreude, die sie verspürte, sich einzig und allein auf Freitag abend bezog und auf die Aussicht, von einem Mann, den sie kennengelernt hatte, abgeholt zu werden und mit ihm zum Tanz im Gemeindesaal zu gehen und zu wissen, dass er sie anschließend zu Mrs. Kehoes Haus zurückbegleiten würde. Sie hatte den Gedanken an zu Hause in letzter Zeit verdrängt und ihn nur dann zugelassen, wenn sie Briefe schrieb oder erhielt oder wenn sie aus einem Traum aufwachte, in dem ihre Mutter oder ihr Vater oder Rose oder die Zimmer des Hauses in der Friary Street oder die Straßen der Stadt aufgetaucht waren. Sie fand es seltsam, dass allein schon die Vorfreude auf etwas sie einen Moment lang zu der Annahme verleiten konnte, es müsste die Vorfreude auf zu Hause sein.

An Mrs. Kehoes Tisch bewirkte die Tatsache, dass Eilis Dolores im Stich gelassen hatte, was Patty mitbekommen und am Samstag morgen noch vor dem Frühstück den anderen erzählt hatte, dass alle wieder mit ihr redeten, und zwar einschließlich Dolores. Dass sie im Stich gelassen worden war, fand sie völlig nachvollziehbar, da es schließlich dazu geführt hatte, dass Eilis einen Mann kennengelernt hatte. Im Gegenzug wollte Dolores lediglich etwas über den Verehrer wissen, seinen Namen etwa und seinen Beruf und wann Eilis vorhabe, ihn wiederzusehen. Alle übrigen Mitbewohnerinnen hatten ihn gleichfalls gründlich in Augenschein genommen; sie fanden, dass er gut aussah, wenngleich Miss McAdam ihn sich etwas größer gewünscht hätte und Patty seine Schuhe nicht gefielen. Alle gingen davon aus, er sei Ire oder zumindest von irischer Herkunft, und alle wollten von Eilis hören, wie er sie dazu gebracht hatte, auch die zweite Runde mit ihm zu tanzen, und ob sie am folgenden Freitag abend wieder zum Tanzen ging und erwartete, ihn dort zu treffen.

Als sie am folgenden Donnerstag abend hinaufging, um sich eine Tasse Tee zu machen, traf sie in der Küche Mrs. Kehoe.

»Zur Zeit ist in diesem Haus der Leichtsinn ausgebrochen«, sagte Mrs. Kehoe. »Diese Diana hat eine schreckliche Stimme, die Arme. Wenn sie noch ein einziges Mal quiekt, muss ich den Doktor oder den Tierarzt holen, damit er ihr was zur Beruhigung gibt.«

»Das kommt alles vom Tanzen«, sagte Eilis trocken.

»Nun, ich werde Father Flood bitten, eine Predigt über die Übel des Leichtsinns zu halten«, sagte Mrs. Kehoe. »Vielleicht könnte er in seiner Predigt noch auf ein paar weitere Dinge eingehen.«

Und damit verließ sie den Raum.



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