Bodo Völxen 01 - Der Tote vom Maschsee by Mischke Susanne

Bodo Völxen 01 - Der Tote vom Maschsee by Mischke Susanne

Autor:Mischke, Susanne [Mischke, Susanne]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783492955683
Herausgeber: Piper ebooks
veröffentlicht: 2014-10-24T00:00:00+00:00


Tout, tout, tout, vous saurez tout

Sur le zizi

Le vrai, le mou, qu’a un grand cou,

Le gros joufflu, le p’tit touffu,

Le grand, ride, Le Mont Pelée …

Oda steuert den Dienst-Audi am östlichen Ufer des Maschsees entlang und singt dazu. Sie hat eine klare, volle Stimme, bei ihr sitzt jeder Ton.

Jule hat in der Schule Französisch als dritte Fremdsprache neben Latein gelernt, aber sie hat es nie sehr gepflegt. Von Odas Gesang versteht sie höchstens die Hälfte.

Oda hört auf zu singen, um einen Porschefahrer zu beschimpfen, der sie rechts überholt und geschnitten hat. »Drecksack, unverschämter!«

»Was hast du da gesungen?«

»Das ist das Lied vom Zizi«, erklärt Oda lachend. »Ein beliebtes Kinderwanderlied. Le zizi ist eigentlich der kleine Vogel. Eigentlich. Es heißt in dem Lied: Alles, alles, alles, ihr erfahrt alles über den Zizi. Den echten, den falschen, den schönen, den hässlichen, den harten, den weichen, der einen großen Hals hat, den pausbäckigen, den buschigen, den mit den Falten und den Mont Pelée. Das ist ein Berg auf Martinique, pelé heißt kahl.«

»Und so was singen die Kinder in Frankreich beim Wandern?«, fragt Jule kichernd.

»Nicht nur die Kinder. Diese Nation ist hoffnungslos verdorben. Es gibt ganz viele Strophen von Le zizi. Ich befürchte, Veronika kann sie alle.«

»Und woher kennt deine Tochter so zweideutige französische Lieder?«

»Von meinem Vater. Er wohnt seit zwanzig Jahren wieder in der Nähe von Montélimar. Das liegt am Rande der Provence im Rhônetal zwischen Valence und Orange.«

»Die Hauptstadt des Nougats«, ergänzt Jule.

»Genau«, bestätigt Oda beeindruckt. »Veronika und ich verbringen jedes Jahr die Ferien dort.«

Sie passieren die Gebäude des NDR, kurz danach biegt Oda links ab.

»Es hat mich gefreut, dass du gestern bei mir vorbeigekommen bist«, sagt Jule.

»Es war lustig. Mein Gott, wie lange ist es her, dass ich zuletzt gekifft habe? Bestimmt hundert Jahre.«

»Ich wusste nicht, dass Thomas das Zeug mitbringt, ehrlich. Ich kenne ihn eigentlich gar nicht.«

»War doch okay, wirklich.«

»Hoffentlich findet Fernando das auch. Immerhin war er mal bei der Drogenfahndung«, sagt Jule besorgt.

»Na und? Erstens ist er da nicht mehr, und zweitens hängt Fernando doch keinen hin, nur weil er ein paar Pflanzen auf dem Balkon hat. Noch dazu, wo er selbst mitgeraucht hat.«

Woher weiß Oda von den Pflanzen auf Thomas’ Balkon? Jule kann nicht verhindern, dass ihr die Schlussfolgerung einen kleinen Stich versetzt.

»Was wollte denn Fernando bei dir?«, forscht Oda indessen.

»Angeblich mir helfen. Wenn das stimmt, wäre das ja sehr nett von ihm.«

»Wenn.«

Jule seufzt. »Er ist ja in Ordnung, sieht auch ganz gut aus, aber er wirkt manchmal so unreif.«

»Wenn einer auch mit dreiunddreißig noch immer bei Mamma wohnt …«

»Nein!«

»Oh, doch.«

»Abgesehen davon habe ich vor, Dienst und Privatleben strikt getrennt zu halten«, verkündet Jule.

Sie passieren ein paar neue Geschäfte.

»So ganz langsam wird auch die Südstadt Schickimicki«, bemerkt Oda dazu. »Bald ist das hier voller Latte-Bars, genau wie die List.«

»Die Kundschaft ist schon da.« Jule weist auf einen Kiosk, vor dem drei Herren einen Stehtisch festhalten, vor sich eine Batterie Bierdosen und etliche Miniaturschnapsflaschen.

»Okay, bis zur vollständigen Lattemacchiatisierung des Viertels wird es wohl noch etwas dauern«, räumt Oda ein und wirft einen Seitenblick in ein Schaufenster.



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