Berlin 1933 - 1945 by Siedler
Autor:Siedler
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Siedler
veröffentlicht: 2013-01-14T16:00:00+00:00
Rezipienten und Publika
Die Wirkung der Kultur- und Medieninhalte auf die Rezipienten ist in Qualität und Ausmaà nur schwer zu ermitteln und birgt aufgrund der Quellenlage einen hohen spekulativen Gehalt.59 Auf eine Erörterung soll daher verzichtet werden. Die nationalsozialistische Kultur- und Medienpolitik hingegen wirkte sich sehr unterschiedlich auf das Publikum aus: Während Zeitungen â infolge der beschriebenen Verbote, der Eintönigkeit in der Berichterstattung und des Geruchs von »Propaganda« â im Laufe der Jahre immer weniger Abnehmer fanden,60 erfreute sich der Rundfunk zunehmender Popularität. Mit dem »Volksempfänger VE 301«, der seine Premiere auf der Berliner Funkausstellung 61 im August 1933 feierte, boten die 28 deutschen Radiohersteller baugleiche Geräte zum Preis von 76 Mark (ab 1937: 59 Mark) an.62 Damit kostete der »Volksempfänger« nur rund die Hälfte eines handelsüblichen Radios.63 Da die Rundfunkgebühren mit 2 Mark monatlich sehr hoch waren, gehörten die privaten Radiohörer aber weiterhin vor allem dem bürgerlichen Mittelstand an.64 Dies spiegelt sich auch in den Zahlen der Rundfunkteilnehmer in den einzelnen Berliner Bezirken, wo gemessen an der Bevölkerung Tiergarten, Köpenick, Tempelhof, Zehlendorf, Reinickendorf, Steglitz und Charlottenburg vorn lagen, während der Wedding, Prenzlauer Berg, Treptow, Schöneberg und Mitte die Schlusslichter bildeten.65 Die Bezeichnung »Volksempfänger« war dennoch keine reine Floskel: Durch den öffentlichen (und teilweise verpflichtenden) Gemeinschaftsempfang von Sendungen in allen gröÃeren Betrieben erreichte das Radio tatsächlich weite Teile des Volkes. Von 1935 an gab es sogar öffentliche Fernsehübertragungen über den Sender »Paul Nipkow« in Berlin-Witzleben. Aber das war reichsweit der einzige, sodass sich alle 25 Fernsehstellen (1936) in Berlin und Umgebung konzentrierten.66 Die Zahl der Rundfunkteilnehmer konnte â nicht zuletzt durch die Einführung des leistungsschwachen, aber nur 35 Mark teuren »Deutschen Kleinempfängers« (»Goebbels-Schnauze« genannt) im Jahr 1939 â bis 1943 mehr als verdoppelt werden, sodass nun knapp 30 Prozent der Berliner Haushalte Rundfunkteilnehmer waren.67 Die flächendeckende Verbreitung des Rundfunks ist auch auf den Standort selbst zurückzuführen: In Berlin verfügten die meisten Haushalte über einen Stromanschluss, 68 die räumliche Nähe zu den Sendeanlagen gewährleistete einen passablen Empfang, und da viele Menschen auf engstem Raum wohnten, erreichte ein einziges Radio oft mehr als nur eine Familie.
Juden wurde der Besitz von Radios am 20. September 1939 polizeilich untersagt. Ihr nahezu vollständiger Ausschluss vom kulturellen Leben â sieht man von den Veranstaltungen des Jüdischen Kulturbunds ab â war schon zuvor per Anordnung des Berliner Polizeipräsidenten erfolgt: Vom 6. Dezember 1938 an war es Juden untersagt, Theater, Kinos, Kabaretts, Varietés, öffentliche Vortragsräume, Konzerte, Museen, das Messegelände (Ausstellungshallen, -gelände und Funkturm), Sport- und Rummelplätze, Eisbahnen, öffentliche und private Bäder (Freibäder, Badeanstalten, Hallenbäder), die Deutschlandhalle, den Sportpalast und das Reichssportfeld (einschlieÃlich Olympiastadion) zu besuchen.69 Mit dem Radioverbot, dem Verbot zur Benutzung öffentlicher Bibliotheken und Lesesäle vom 1. April 193970 an und dem seit dem Pogrom einzig noch zugelassenen, streng zensierten Jüdischen Nachrichtenblatt waren die Juden vom öffentlichen kulturellen Leben ausgeschlossen. Der Jüdische Kulturbund in Deutschland e.V. â zum 1. Januar 1939 war der Berliner Bund zwangsweise zur Zentrale aller jüdischen Kulturbünde erklärt worden â tat sein Möglichstes, aber am 11. September 1941 wurde auch er zwangsweise aufgelöst und sein Theater in der KommandantenstraÃe (Kreuzberg) endgültig geschlossen.
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